14. APRIL 2020, SONTHOFEN, BAYERN

Dutzende Autos blockieren am frühen Morgen die Zufahrt zum Werk des Automobilzulieferers Voith im bayrischen Sonthofen. Streikende Arbeiter:innen haben ihre Autos in der Werkszufahrt geparkt. Sie blockieren mehrere Stunden lang. Über einen Monat lang streiken hunderte Arbeiter:innen des Werks gegen eine geplante Werksschließung und den Verlust ihrer Arbeitsplätze und organisieren öffentlichkeitswirksame Aktionen.

23. SEPTEMBER 2020, FRANKFURT, HESSEN

1.400 Arbeiter:innen aus sieben Werken des milliardenschweren Konzerns Continental haben sich zu einer Kundgebung versammelt. Wieder geht es um einen Konzernvorstand der Automobil-Zulieferung der Werksschließungen plant und damit auch den Abbau von über 12.000 Arbeitsplätzen. Nach der Kundgebung umzingeln sie die Frankfurter Börse. Ein klares Statement gegen die Anteilseigner des Konzerns, ganz vorne mit dabei die schon erwähnte Familie Schaeffler, für deren Rendite es massenhaften Rausschmiss und Produktionsverlagerung in Billiglohnländer geben soll. Ein Kollege findet klare Worte: „Wenn die Krieg haben wollen, dann kriegen sie ihn!“

19. MAI 2020, BONN, NRW

„Mafia, Mafia!“  Auf einer Kundgebung in der Bonner Innenstadt rufen streikende Ernte-helfer:innen Parolen gegen den Agrarbetrieb Ritter Spargel aus Bornheim. Sie schufte-ten anderthalb Monate unter miesen Bedingungen ohne Gesundheitsschutz und beka-men nur einen Bruchteil des versprochenen Lohns. Der Betrieb hat sich verkalkuliert, ist Pleite gegangen und die Arbeiter:innen sollen es nun ausbaden. Ihnen reicht es. Über 150 treten jetzt selbstbestimmt in den Streik und lassen sich auch durch ei-nen vom Betrieb angezettelten Polizeieinsatz nicht davon abhalten. Sie demonstrieren mehrmals zusammen mit solidarischen Gewerkschafter:innen und Linken.

27. NOVEMBER 2020, WERNE, NRW

Verkehrschaos vor dem Amazon-Lager der Kleinstadt Werne: In rund 180 Au-tos protestieren Amazon-Arbeiter:innen mit einem Auto-Korso für bessere Arbeitsbedingungen und für einen Tarifvertrag. Sie blockieren die Straße zum Firmengelände für mehrere Stunden. Die LKW‘s für die Anlieferung stauen sich über hunderte Meter. Die Aktion reiht sich ein in Streik- und Protestaktivitäten in 15 Ländern, die sich gezielt während der „Black-Friday“ Rabatt-Aktion gegen die unerträglichen Arbeitsbedingungen bei dem milliardenschweren Konzern richten.

 

ORGANISIEREN IM BETRIEB!

Im alltäglichen Arbeitsgeschehen die Belegschaft zu-sammenzubringen, kleine Verbesserungen herausschlagen, Vertrauen und ein solidarisches Klima untereinander schaffen. Das erleichtert nicht nur den Arbeitsalltag, es ist auch die Voraussetzung für den gemeinsamen Kampf, wenn‘s ernst wird und um den Arbeitsplatz überhaupt geht. Es ist kein Geheimnis, dass Betriebs- und Personalräte in vielen Fällen nicht gerade Quellen der Aktivität und Konfrontation sind, das muss aber nicht so bleiben, wenn sich die Richtigen beteiligen. Der Zusammenhalt im Betrieb ist gerade jetzt noch wichtiger als sonst: Er ist eine Antwort auf die verbreitete Vereinzelung und Unsicherheit in der Corona-Krise, in der ganz klar wurde, dass für das soziale Wohlergehen und die sozialen Bedürfnisse der Lohnabhängigen kein Finger gerührt wird. Ganz im Gegensatz zur Profitwirtschaft, deren Bedürfnisse mit allen Mitteln durchgesetzt werden.

 

KÄMPFEN UM DIE GEWERKSCHAFTEN!

Der Sinn und Zweck von Gewerkschaften sollte es sein, die Interessen der Arbeiter:innen gegen die Ka-pitalistenklasse zu verteidigen. Das ist für die Mit-glieder aber längst nicht immer spürbar. Groß ist der Einfluss von sozialdemokratischen Kräften und Kar-rierist:innen, die Klassenkämpfe befrieden wollen.Dennoch sind es die einzigen Massenorganisationen mit Millionen von Mitgliedern, die überhaupt in der Lage sind, Arbeitskämpfe zu organisieren und dem Anspruch nach den Arbeiter:innen gehören. Die wenigsten von uns sind wohl beigetreten um vom Handeln abgehalten zu werden – also warum nicht auch hier alle Ansätze von Kampf, Protest und Widerstand aufgreifen, die sich bieten? Etliche aufrichtige Gewerkschafter:innen, die sich gerade in Krisenzeiten mit vollem Einsatz in den Kampf für Belegschaften begeben, beweisen, dass auch zur Zukunft der Gewerkschaften das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Aktivität und Kritik in der Gewerkschaft gehören genauso zusammen, wie Arbeit und Pause im Job. Nur so können wir von unten dafür sorgen, dass die Gewerkschaften wieder die Stärke und den Kampfwillen entwickeln, den es braucht um in den Kämp-fen um unsere Arbeitsbedingungen am längeren Hebel zu sitzen.

 

SOLIDARISIEREN WENN‘S STREIKT!

Meldungen von Betriebsschließungen und Massenentlassungen, Skandale um miese Arbeitsbedingungen, Tarifauseinandersetzungen mit Warnstreiks und Aktionen – das alles ist nicht neu. Neu ist die Häufung, die sich auf mehrere Branchen gleichzeitig ausweitet und längst nicht an den Grenzen Deutschlands halt macht. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Krise, in der jeder Arbeitskampf eine Blaupause für andere Belegschaften sein könnte, die es auch noch treffen kann, sollten wir die Geschehnisse nicht nur von außen betrachten: Solidarität ist gefragt. Das ist enorm wichtig für die betroffenen und kämpfenden Kolleg:innen! Betriebliche Auseinandersetzungen können auf verschiedenen Wegen von außen unterstützt werden. Zum Beispiel: Die eigenen Kanäle nutzen, um über die Interessen der Belegschaften informieren, an Aktionen vor Betrieben teilnehmen, Solidaritätsbekundungen von anderen Belegschaften und weiteren Unterstützer:in-nen organisieren. Und wenn gestreikt wird, gilt es natürlich in aller Öffentlichkeit klar Position zu beziehen!

 

Wenn Arbeitskämpfe auch außerhalb der Betriebe und Einrichtungen sichtbar werden, wenn Streiks und Protest-Aktionen für Aufregung in Politik und Medien sor-gen, dann wird deutlich, dass es hier um mehr geht, als um Klärungsbedarf zwischen vermeintlichen „Sozialpartnern“. Es geht darum, wer über den Wert der Arbeitskraft, über die Bedingungen und die Perspektive der Lebensgrundlage von Lohnabhängigen entscheidet. Und es geht um die Frage der Durchsetzungskraft. Eigentümer:innen, wie Ritter, Schaeffler und Bezos haben bei Entscheidungen nur eines im Kopf: Den eigenen Besitz erhalten und am besten vergrößern – und das werden sie mit allen Mitteln versuchen durchzu-setzen. Arbeitskämpfe sind das erste und wichtigste Mittel, um uns dagegen zu verteidigen! Sie alleine werden die Eigentumsordnung zwar nicht umdrehen, aber sie sind die Basis für alle weitere Schritte. Arbeiter:innen und Beschäftigte, die sich organisieren, für ihre Interessen kämpfen und Druck von unten aufbauen, werden diejenigen sein, die einen Bruch mit dem Kapitalismus und den Aufbau einer anderen Wirtschaftsordnung überhaupt erst möglich machen: Eine Wirtschaft in den Händen derer, die sie am Laufen halten, um sie nach den Bedürfnissen der Mehrheit zu gestalten. Güter, Erzeugnisse und Leistungen, die ein langfristiges gesellschaftliches Leben für möglichst viele und auf höchstmöglichem Niveau ermöglichen. Genau das sollte doch eigentlich der Sinn und Zweck von Arbeit sein.

Übersichtsartikel zum 1. Mai | Download revolutionäre 1.Mai Zeitung

 

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