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Politische Plattform Im Folgenden stellen wir die Grundlagen und Zielsetzungen unserer gemeinsamen politischen Arbeit dar. Wir, das sind verschiedene kommunistische Strukturen die schon länger über eine praktische Zusammenarbeit und gemeinsame Debatten verbunden sind. Wenn wir von revolutionärer Politik sprechen, meinen wir damit, dass wir den Bruch mit dem Kapitalismus und den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft anstreben. Eine solche Politik muss an den Widersprüchen des Bestehenden anknüpfen und in konkreten Kämpfen zum Faktor werden. Besonders Krisen, die der Kapitalismus in regelmäßigen Abständen hervorbringt und die im Kern in den herrschenden Produktionsverhältnissen angelegt sind, können Phasen von Kämpfen und Situationen der sozialen Unruhe hervorbringen. Gerade hier können sich revolutionäre Bewegungen entwickeln und aufbauen. Solche Bewegungen stehen im offenen Widerspruch zum herrschenden Krisenmanagement und zeigen eine Alternative auf, die über das System hinausweist. Im Gegensatz zum reaktionären und faschistischen Lager, das ebenfalls in genau dieser Krisensituation an die Oberfläche drängt, und zum immer biegsamen Reformismus, der den Auseinandersetzungen die konfrontative Dimension zu entziehen versucht. Wir befinden uns in einer gesellschaftlichen Situation, in der Krisensymptome auf verschiedenen Ebenen sichtbar werden: Teuerung, Massenentlassungen und Prekarisierung der Arbeit, Vertrauensverlust gegenüber der bürgerlichen Politik, Säbelrasseln auf dem internationalen Parkett, Verrohungstendenzen im Sozialen, die Zunahme patriarchaler, häuslicher Gewalt und Aufwind von Rechts… Der Widerspruch zwischen der Notwendigkeit einer kraftvollen revolutionären Alternative und dem aktuellen Stand der Linken sticht ins Auge. Diese ist nämlich weiterhin von Marginalisierung und Orientierungsschwäche geprägt. Es liegt gerade jetzt an revolutionärer Organisierung strategische Orientierung in die Bewegung zu vermitteln, die auf sowohl auf Praxis-Erfahrungen als auch auf theoretische Auseinandersetzung zurückgeht. Die folgenden Positionen stellen kein fertiges Programm einer Organisation dar, sondern formulieren einige Grundlagen unserer politischen Arbeit. Denn gerade jetzt halten wir es für wesentlich, die Fragen von konkreter Praxis und langfristiger Strategie, von revolutionärer Programmatik und Organisierung in einem engen Verhältnis zueinander greifbar und diskutierbar zu machen. Wir gehen auch davon aus, nur einen unter mehreren möglichen Kernen einer zukünftigen revolutionären Organisation darzustellen. Es geht darum, eine Verständigung unter denjenigen zu schaffen, die sich der Herausforderung stellen, einen Beitrag zum Aufbau revolutionären Organisierung auf der Höhe der Zeit zu leisten, welcher Stadt- und Szenegrenzen sprengt. Diese Programmatik legt daher auch Eckpunkte fest, um mit anderen Strukturen, die Ähnliches verfolgen, ins Gespäch zu kommen. Uns ist bewusst, dass wir uns auf keinem gradlinigen Weg befinden: Wir werden Fehler machen und auch mit Rückschlägen konfrontiert werden. In vielen Fragen müssen wir Neues entwickeln, also Ansätze erproben und immer wieder korrigieren. Dafür gibt es aber einige Orientierungspunkte: Klassenstandpunkt Die Frage nach dem revolutionären Subjekt bleibt zentral. Das heißt, danach „wer“, welche vorhandenen gesellschaftlichen Kräfte ein Interesse an der Überwindung der bestehenden Verhältnisse und am Aufbau einer befreiten Gesellschaftsordnung haben und auch die Möglichkeiten besitzen, dies umzusetzen,. Zwar ist es dem Kapital gelungen, die extremsten Auswirkungen der kapitalistischen Produktionsweise, wie Krieg, absolute Armut und Hunger in die Peripherie zu verlagern: Somit leben Teile der lohnabhängigen Klasse in den Metropolen in materiell einigermaßen gesicherten Verhältnissen, während anderenorts weiterhin brutale Barbarei und unmenschliche Lebensbedingungen alltäglich sind. Jedoch ist der Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit, zwischen Bourgeoisie und Proletariat, auch in einem verhältnismäßig privilegiertem Zentrum der Macht wie Deutschland der zentrale gesellschaftliche Widerspruch. Die Klassen, ihre einzelnen Fraktionen und gesellschaftlichen Positionen, lassen sich weiterhin strukturell-ökonomisch analysieren und bestimmen. So bestimmt die Stellung im Produktionsprozess objektiv die Klassenzugehörigkeit. Die Klasse der Kapitalist:innenverfügt über Produktionsmittel und gesellschaftliche Macht. Sie bestimmt über die zentralen Prozesse und eignet sich den gesellschaftlichen Reichtum an. Die Klasse der Arbeiter:innen verfügt über keinerlei Produktionsmittel, sondern ist gezwungen ihre Arbeitskraft auf dem markt anzubieten und auf einen kleinen Teil des von ihr geschaffenen Reichtums zu hoffen. Über alle Unterschiede hinweg, seien es soziale, kulturelle oder sprachliche, sind es die Lohnabhängigen, deren Stellung in diesem System alleine darauf ausgelegt ist, für das Kapital zu funktionieren und die mit den alltäglichen Zumutungen des Kapitalismus zu kämpfen haben: Ausbeutung, entfremdete Arbeitsverhältnisse, drohende Entlassung, Armut, mangelhafte Gesundheitsversorgung, Ausgrenzung, Repression, Konkurrenzkampf etc. sind das Ergebnis, das für einige mehr, für andere weniger, aber für alle spürbar ist. Eine Sicherheit vor Verschlechterungen und weiteren Angriffen des Kapitals gibt es allerdings für niemanden in der Klasse. Diese gesellschaftliche Position als Ausgebeutete begründet ihr Interesse, die kapitalistischen Verhältnisse zu überwinden. Für uns ist es zentral, langfristig den handlungsrelevanten Kern der Beschäftigten zu identifizieren. Dabei geht es um die verschiedenen Teile der Klasse, die in großen Einheiten kämpfen, sich organisieren und dem Kapital realen Schaden zufügen können. Das kann also sowohl den Produktionsbereich mit der Großindustrie, dem Handel und der Logistik, als auch den Reproduktionsbereich mit Krankenhäusern und anderen Einrichtungen im Betreuungs– und Gesundheitssektor umfassen. Aber auch Arbeitskämpfe, die sich abseits der großen Potenziale entfalten, haben für uns Bedeutung. Auch sie können Strahlkraft entwickeln und dazu beitragen, Bewusstsein zu schaffen und Erfahrungen zu verallgemeinern. Neben den Hauptklassen Bourgeoisie und Proletariat existieren weitere Klassen, die eine gesellschaftliche Zwischenstellung einnehmen, wie beispielsweise das Kleinbürgertum. Kleinbürger:innen besitzen selbst eigene Produktionsmittel und eignen sich teilweise die Arbeitskraft von anderen an. Sie sind aber auch gezwungen selbst zu arbeiten um ihr Überleben zu sichern. Typische Vertreter:innen sind Inhaber von Läden und Handwerksbetrieben. Andere Teile des Kleinbürgertums haben eine besondere Verbindung zum bürgerlichen Staat oder der herrschenden Klasse, wie zum Beispiel Beamt:innen oder Akademiker:innen. Wegen ihrer Einbindung und gleichzeitigen Abhängigkeit von der kapitalistischen Geschäftemacherei und Verwaltung wird sich in dieser Klasse keine klare und einheitliche Haltung zum zentralen Widerspruch des Kapitalismus, zum Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit, entwickeln. Einerseits gibt es hier die Tendenz, ihre relativ bessere Stellung gegenüber dem Proletariat zu verteidigen. Andererseits führt ihre Unterlegenheit gegenüber dem Großkapital und dem von ihm dominierten Staat auch dazu, dass Teile gegen Symptome des Kapitalismus kämpfen und seine Funktionsweise in Frage stellen. Dieser Hintergrund verschiedener politischer Bewegungen ist nicht unwichtig. Er zeigt sich im reaktionären Lager, etwa in der Querdenken-Bewegung während der Corona-Pandemie. Diese stand zwar in Opposition zur Regierung, blendete jedoch Klasseninteressen aus und propagierte neoliberalen Individualismus an Stelle von Solidarität. Er zeigt sich aber auch in der Klima- oder der antirassistischen Bewegung, in denen gemeinsame proletarische Interessen bislang nur eine untergeordnete Rolle spielen. Einerseits den arbeiter:innenfeindlichen Charakter reaktionärer Bewegungen hervorzuheben, andererseits Bezüge zu proletarischen Kämpfen und Interessen in fortschrittlichen Bewegungen herzustellen, ist eine Herausforderung, der sich revolutionärer Politik annehmen muss. Es sind aber nicht nur die Beziehungen der Klassen zueinander, sondern auch die Tendenzen innerhalb der Klassen, die für eine revolutionäre Linke eine Rolle spielen. Wie die Beziehungen innerhalb einer Klasse aussehen und sich einzelne Fraktionen zueinander verhalten, davon hängt maßgeblich ab, wie Kapazitäten und Möglichkeiten für Kämpfe verteilt sind. Um einem Verständnis davon näher zu kommen, müssen natürlich so viele ernstzunehmende Erhebungen und Analysen wie möglich einbezogen werden. Aber vor allem in der Praxis der Kämpfe werden Bewusstseinsentwicklungen und –tendenzen sichtbar und lassen sich überprüfen. Trotzdem negieren einige linke Kräfte die Bedeutung der Klassenfrage. Das Vorhandensein eines revolutionären Subjekts wird abgestritten oder durch beliebige Kräfte ersetzt: Man selbst als linke Szene sei das revolutionäre Subjekt oder (nationale) Befreiungsbewegungen im Trikont oder eine Multitude aus diversen Klassen und Bewegungen. Wohin das völlige Fehlen oder Aufgeben eines Klassenstandpunktes führen kann, sieht man bei den sogenannten „Antideutschen“, von denen große Teile die Seite gewechselt haben und offen mit bürgerlichen und reaktionären Positionen auftreten. Auch Theorien, wie sie beispielsweise von Vertreter:innen der „Neuen-Marx-Lektüre“, (Post-)Autonomen, orthodoxen Anti-Imperialist:innen, Intersektionalist:innen oder Anhänger:innen von Negri und Hardt vertreten werden, stellen – bei allen interessanten Aspekten – keine Weiterentwicklung der marxistischen Klassenanalyse dar. Sie sehen nicht mehr in der Klasse der Arbeiter:innen die gesellschaftliche Kraft, in deren objektivem Interesse die revolutionäre Überwindung des Kapitalismus steht. Diese Strömungen verfolgen den durchaus richtigen Ansatz, die vielfältigen Widersprüche zu analysieren, die sich der Kapitalismus zu nutze macht, bleiben aber so häufig bei der Beschreibung subjektiven Bewusstseins und individueller Betroffenheit stehen und blenden reale Klassenwidersprüche aus. Der Grund dafür liegt darin, dass in den kapitalistischen Zentren heute kaum noch tatsächliches Klassenbewusstsein, geschweige denn in einer entwickelten, revolutionären Form vorhanden ist. Der Begriff der Klasse bezieht sich aber nicht auf das unmittelbare subjektive Befinden der Angehörigen einer Klasse, sondern vielmehr auf die Analyse der objektiven sozialen Verhältnisse im Kapitalismus. Der Zusammenhang von subjektivem Bewusstsein und objektiver Klassenlage ist nicht nur eine politische Überzeugungsfrage, sondern Teil der sozialen Realität der Klassengesellschaft. Das heißt aber nicht, dass das proletarische Bewusstsein sich automatisch und von selbst aus der objektiven Klassenlage heraus entwickelt. Vielmehr lenken die bunte kapitalistische Warenwelt sowie individuelle Freiheiten und Vergnügungsmöglichkeiten im Kapitalismus Teile der proletarischen Klasse vom belastenden Alltag ab. Außerdem tut die Ausdifferenzierung der Klasse ihr Übriges und schwächt das gemeinsame Klassenbewusstsein. So können beispielsweise die Arbeitsverhältnisse von Krankenpfleger:innen, Fabrikarbeiter:innen und den Beschäftigten in der Logistik sehr unterschiedlich aussehen. Obwohl die Vereinzelung und Fragmentierung der Klasse noch die bestimmende Tendenz ist, bringen die Arbeits- und Lebensbedingungen in großen Teilen der Klasse gleichzeitig eine Vielzahl an ähnlichen Problemen und Sorgen hervor. Auch der offensichtliche Widerspruch zur herrschenden Klasse, die ganz offen kürzt, streicht, Versprechen bricht, sich mit Steuermitteln bereichert und in unverschämtem Luxus lebt, ist eine Gemeinsamkeit, die Klassenbewusstsein schaffen und soziale Auseinandersetzungen befeuern kann. Die verbreitete Wahrnehmung des Kapitalismus als natürliches soziales Verhältnis, fehlende greifbare Alternativen sowie die Abwesenheit einer starken und wahrnehmbaren revolutionären Bewegung führen dazu, dass viele Menschen die Flucht in individuelle Bewältigungsstrategien suchen, statt kollektiv an einer Überwindung der kapitalistischen Verhältnisse zu arbeiten. Dieser Zustand wird täglich durch bürgerliche Medien, Bildungsinstitutionen und die Repression gegen linke Kräfte aktiv gesichert. Doch der Klassenwiderspruch tritt auch in den kapitalistischen Zentren wieder offener zu Tage. Die Lebenssituation der meisten Lohnabhängigen ist durch zunehmenden Zeitdruck, Stress, psychische Belastungen, steigende Lebenshaltungskosten und Existenzängste gekennzeichnet. Die Unzufriedenheit mit den herrschenden Verhältnissen nimmt zu. Gleichzeitig steigt auch das Bewusstsein dafür, dass der Klimawandel eine existenzielle Bedrohung der Menschheit ist und diese innerhalb der kapitalistischen Produktions- und Eigentumsverhältnisse nicht aufzuhalten sein wird. Die objektiven Möglichkeiten für die Überwindung des herrschenden Systems sind längst gegeben. Produktionsprozesse werden heute auf hoher Ebene gesellschaftlich organisiert, wobei das Proletariat den Großteil wichtiger Arbeiten verrichtet. Deutlich zeigt sich also schon heute: Die kollektive Nutzung und Planung der gesellschaftlichen Produktion ist objektiv möglich und notwendig. Aber eine sinnvolle Entwicklung und Nutzung der gesellschaftlichen Potenziale werden durch private Aneignung, Profitlogik und Konkurrenz innerhalb der kapitalistischen Produktion gehemmt. Die revolutionären Kräfte haben die Aufgabe, die Organisierung der Klasse voranzutreiben, in deren objektivem Interesse eine Überwindung der kapitalistischen Verhältnisse liegt. Diese Grundlage ist zentral, um theoretische und praktische Fehlentwicklungen zu verhindern – auch, wenn sie alleine natürlich keinen Garant für die richtige Theorie und Praxis darstellt. Die Differenzierungen innerhalb der Lohnabhängigen stellen dabei eine Herausforderung dar, sind jedoch kein Grund, den Klassenstandpunkt in Frage zu stellen. Für uns als revolutionäre Linke ergibt sich aus unserem Klassenstandpunkt die Aufgabe, überall dort tätig zu werden, wo sich die Klasse der Lohnabhängigen für ihre Interessen organisiert und aktiv wird. Dies passiert vor allem im Rahmen konkreter betrieblicher Kämpfe der Beschäftigten – unabhängig davon, ob dies noch unter reformistischen oder schon unter revolutionären Vorzeichen geschieht. Gewerkschaften spielen dabei schon deshalb eine wichtige Rolle, weil sie die größten Arbeiter:innenorganisationen sind und sich in ihnen nicht nur, aber eben auch diejenigen organisieren, die dazu bereit sind, den Kapitalinteressen die Stirn zu bieten. Die Arbeit in und mit den Gewerkschaften ist für uns ein bedeutender Teil revolutionärer Arbeit – allem Reformismus, aller Technokratie des Gewerkschaftsapparates und der Führungen zum Trotz. Wichtig ist es dabei, nicht aus Anbiederung an reformistische Kräfte revolutionäre Positionen abzuschwächen oder aufzuweichen, sondern alle Möglichkeiten zu nutzen, um als kämpferischer Teil mit klarer revolutionärer Perspektive präsent zu sein. Das heißt, die Eigentumsfrage als Kernfrage der kapitalistischen Gesellschaft und die Perspektive der Überwindung des herrschenden Systems hervorzuheben. Klassenkampf heißt Frauenkampf! Die Unterdrückung von Frauen bestand schon lange vor dem Aufkommen der kapitalistischen Produktionsweise. Die Eigentumsverhältnisse in der patriarchalen Familie in der frühen Geschichte der menschlichen Gesellschaften sind eine Grundlage, auf der sich die geschlechtliche Arbeitsteilung, aber auch die Eigentumsordnung der Klassengesellschaften entwickelte: Der Mann eignete sich die Arbeitskraft der Frau und die Kontrolle über ihre Sexualität an. Unter der Herrschaft von Sklavenhaltern und Feudalherren, wurde dieses Verhältnis befestigt und zur Sicherung der Macht der Herrschenden genutzt. Und auch der Kapitalismus hat mit diesem Verhältnis nicht grundsätzlich gebrochen, sondern es lediglich in neue Formen gegossen. Lohnabhängige Frauen, unterliegen einer doppelten Ausbeutung: Das Kapital profitiert von ihrer Arbeitskraft als Lohnarbeiterinnen sowie von der, gesellschaftlich nötigen Reproduktionsarbeit, die noch immer zum Großteil von ihnen erledigt wird. Schlecht bezahlt als Lohnarbeit oder unbezahlt aus Hausarbeit – es sind vor allem Frauen, die dazu gedrängt werden die Arbeitsfähigkeit der Arbeiter:innen tagtäglich wiederherstellen und die Ausbeutung der Arbeitskraft durch das Kapital zu sichern. Die Übernahme der Reproduktionsarbeit drängt die arbeitenden Frauen in Teilzeitjobs und prekäre Arbeitsverhältnisse. Das führt häufig zu einem unsicheren Auskommen und zwingt sie in Altersarmut oder in die (finanzielle) Abhängigkeit von (Ehe)Männern. Von der unbezahlten Reproduktionsarbeit der Frau profitieren zusätzlich Männer, die umsorgt, bekocht und zu Hauptverdienern im klassischen Familienmodell werden. Auch wenn dieses Rollenbild in großen Teilen der Gesellschaft inzwischen als überholt gilt und die Präsenz von Frauen auch in bürgerlichen Machtpositionen kein Tabu mehr ist, wurde die patriarchale Kultur nicht gebrochen. Grundsätzlich hat sich an der Arbeitsteilung nichts geändert. Patriarchale Strukturen prägen die gesamte Gesellschaft und führen dazu, dass Männer Frauen als Eigentum behandeln, deren Körper und Arbeitskraft sie sich aneignen und und über die sie bestimmen können. Gestützt wird dieses Verhältnis durch den Staat. Frauen müssen immer noch gegen Abtreibungsverbote, sexualisierte Übergriffe, Femizide und häusliche Gewalt kämpfen. Um die patriarchalen Strukturen aufrechtzuerhalten, wird dabei jede Abweichung von den binären Geschlechterrollen unterdrückt, was auch Trans- und Interpersonen struktureller, psychischer und physischer Gewalt aussetzt. Aus der doppelten Ausbeutung der Frau ergibt sich auch ein doppeltes Interesse der Frau, gegen die bestehenden Verhältnisse zu kämpfen. Sowohl für die Zerschlagung des Kapitalismus, als auch des Patriarchats ist der Bruch mit den herrschenden Produktionsverhältnissen und der privaten Aneignung von Eigentum notwendig. Wir begreifen den revolutionären Frauenkampf daher als einen Kampf gegen das Patriarchat und den Kapitalismus. Während wir den Kampf gegen den Kapitalismus als gesamte Klasse führen, führen wir den Kampf gegen den patriarchalen Normalzustand auch innerhalb der Klasse. Als Kommunist:innen führen wir den Frauenkampf als Teil des Klassenkampfes und als Ansatz um revolutionäre Gegenmacht zu entwickeln. Dazu braucht es unter anderem Frauenstrukturen, die wir als besonderen Teil einer gesamtgesellschaftlichen revolutionären Organisierung verstehen. Der Frauenkampf trägt nicht nur einen wesentlichen Teil zu einer kommunistischen Perspektive bei, sondern muss den Weg dahin auf allen Ebenen mitgestalten. Politischer Widerstand Darüber hinaus durchzieht der Klassenwiderspruch jeden Bereich revolutionärer Politik: Sei es im Kampf gegen Rassismus, Faschismus oder die Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen. In all diesen Kämpfen gilt es, das Bewusstsein für die Klassengesellschaft und ihren Zusammenhang mit den verschiedenen Formen der Ausbeutung und Unterdrückung zu schärfen. Welchen gesellschaftlichen Kampf wir auch führen – wir tun dies auf Basis des gemeinsamen Klasseninteresses.
  • Internationalismus Wir sind Teil einer globalen Arbeiter:innenklasse, die zwar nach den Grenzen der bürgerlichen Nationalstaaten getrennt ist, aber einen gemeinsamen Feind hat: Das Kapital. Jede Form von nationalistischer Spaltung unserer Klasse bekämpfen wir entschieden. Wir sehen uns außerdem als Teil einer weltweiten revolutionären Bewegung und sind im Sinne des proletarischen Internationalismus solidarisch mit fortschrittlichen Bewegungen der Unterdrückten und Ausgebeuteten in anderen Ländern. Das bedeutet für uns zuerst den Kampf hier zu führen, denn jeder Sieg gegen das deutsche Kapital ist auch ein Sieg für diejenigen, die in anderen Ländern vom diesem niedergehalten werden. Solidarität bedeutet aber auch ganz konkret fortschrittliche Bewegungen zu unterstützen, materiell und inhaltlich. Fortschrittliche Kämpfe weltweit können uns darüber hinaus auch Impuls und Lehren geben, wie wir hier den Kampf effektiver führen können. Solidarität ist daher für uns keine einseitige Sache, sondern gegenseitige Unterstützung in einem gemeinsamen Kampf um Befreiung.
  • Antifaschismus Die Ideologie und Praxis der Rechten zielt auf die Spaltung der Arbeiter:innenklasse. Sie verschleiern den Gegensatz zwischen Herrschenden und Ausgebeuteten und sie attackieren jeden klassenkämpferischen Ansatz. Darüberhinaus sind Rechte und faschistische Bewegungen eine existenzielle Gefahr für Linke und alle anderen gesellschaftlichen Gruppen, die von ihnen angegriffen, verfolgt und ermordet werden. Ihre Ideologien entspringen der kapitalistischen Klassenherrschaft, die durchzogen ist von Rassismus, Nationalismus und Chauvinismus. Obwohl rechte Kräfte die Vorherrschaft und das Eigentum der Kapitalist:innenklasse nicht antasten, treten sie als selbsternannteFundamentalopposition“ auf. Der Faschismus gibt sich sogar ein revolutionäres Selbstverständnis. Ängste und Unmut, den der Kapitalismus in der Krise bei großen Bevölkerungsteilen hervorruft, werden so von Rechts instrumentalisiert. Gleichzeitig ist reaktionäre Ideologie so tief in der Bevölkerung verankert, dass sie sich auch ohne organisierte Anleitung in Massendynamiken niederschlägt und auch zukünftig Einfluss auf soziale Bewegungen haben wird. Im Faschismus an der Macht werden diese Dynamiken von der herrschenden Klasse als letzte Option zur Rettung der imperialistischen Klassenherrschaft in Krisenzeiten genutzt. Das Zusammenspiel zwischen ihnen und faschistischen Kräften ist dabei widersprüchlich, das haben Machtkämpfe im deutschen Faschismus eindrücklich gezeigt. Eine Besonderheit und Gefahr des Faschismus ist die Mobilisierung von Massen für eine Politik des Terrors gegen Linke, Gewerkschafter:innen, ethnische Minderheiten und andere Gruppen, die sie als feindlich oder mindertwertig identifizieren. Gegen solche Tendenzen organisiert zu kämpfen und an einer breiten Klassenfront dagegen zu arbeiten ist notwendig, um den Kampf für revolutionäre Veränderungen überhaupt zu ermöglichen.
Revolutionärer Anspruch Unser Anspruch ist in dem Sinne revolutionär, dass wir nicht lediglich Änderungen innerhalb der bestehenden Verhältnisse fordern, sondern anstreben, diese grundsätzlich zu überwinden. Unser Ziel ist es, den privaten Besitz an Produktionsmitteln abzuschaffen und diese zu vergesellschaften. Dafür muss die Klasse der Kapitalist:innen entmachtet und die Verfügungsgewalt über die gesellschaftliche Produktion durch die Arbeiter:innenklasse gesichert werden. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass die Übernahme der Macht keine Frage von Diplomatie oder der Aushandlung auf dem Boden der bürgerlichen Ordnung ist. Die herrschende Klasse gab ihre Macht nie freiwillig auf und zog stets alle Register, spätestens dann wenn es wirklich ums Ganze ging. Das bedeutet auch Folter, Mord und militärische Angriffe gegen revolutionäre Bewegungen. Es ist kein Geheimnis, dass jeder erfolgreiche Umsturz gegen den hochgerüsteten Klassenfeind daher auch in unseren Breitengraden damit verbunden war, das staatliche Gewaltmonopol zu brechen: Ohne bewaffnete Arbeiter:innen und Soldaten, die die Seite wechselten: keine Pariser Commune, keine russische Revolution und keine Novemberrevolution in Deutschland. Die Überwindung der kapitalistischen Produktions- und Eigentumsverhältnisse ist mit der Entmachtung der Herrschenden noch lange nicht abgeschlossen. Die Neuorganisation der Gesellschaft nach dem Sturz des bürgerlichen Staates liegt zwar noch lange nicht in Reichweite. Ihre Verwirklichung wird aber nur gelingen, wenn die Keime der neuen Gesellschaft schon in den Kämpfen gegen die alte angelegt sind. Es ist daher notwendig, einige Charakterzüge einer sozialistischen Gesellschaft schon heute zu umreißen, ohne in Spekulationen und Utopismus zu verfallen. Wir brauchen eine Rätedemokratie, in der imöglichst große Teile der Klasse eingebunden sind. Außerdem eine orientierungsgebende politische Organisierung, die in der Lage ist, den Prozess der sozialen Befreiung in Wechselwirkung in einem engen Verhältnis zu aktiven Teilen der Klasse weiterzuführen. Des Weiteren muss der Wiederaufstieg der alten Ausbeuter:innenklasse sowie anderer reaktionärer Entwicklungen verhindert werden. Auch werden wir uns mit Überreste von kapitalistischem, bürgerlichen Bewusstsein noch lange auseinandersetzen müssen. Also: Mit einer revolutionären Situation allein ist die kommunistische, klassenlose Gesellschaft noch lange nicht erreicht, es liegt viel Arbeit vor uns. Revolutionäre Politik bedeutet nicht nur eine Abgrenzung von reformistischen Positionen, die innerhalb des bestehenden Systems für Veränderungen eintreten und so früher oder später Teil des Problems werden. Ebenso wichtig ist eine Ablehnung von radikalistischen Positionen, denen es meist mehr um die Selbstvergewisserung der eigenen Radikalität als um die angemessene Vermittlung revolutionärer Inhalte geht. Wo immer nur das revolutionäre Ziel gesehen wird, die Analyse der Bedingungen und des Weges dorthin aber außer Acht gelassen wird, dort entstehen Sektierertum, radikalistische Phrasen und mangelnde oder falsche Strategie und Taktik. Dies führt letztlich zur Isolierung und Schwächung der revolutionären Kräfte. Revolutionäre Veränderung erfordert viel Kontinuität, Geduld und Verbindlichkeit und zwingt uns immer wieder, uns an neue Situationen anzupassen, Fehler zu revidieren und Neues zu lernen. Auch die Fähigkeit, mit Rückschlägen und staatlichen Angriffen umzugehen und die eigenen Strukturen gegen diese so gut wie möglich abzusichern und dennoch handlungsfähig zu bleiben, ist essenziell. Repression wird mindestens in dem Maße zunehmen, wie revolutionäre Politik zum Machtfaktor wird – aber auch unabhängig unserer tatsächlichen Stärke, ist der Antikommunismus noch immer ein elementarer Teil bürgerlicher Ideologie. Eine bewusste Vorbereitung auf staatliche Repression nach innen, ist also genauso wesentlich, wie ihr nach außen politisch zu begegnen. Das heißt, dass wir unser Handeln, gerade wenn es medial, juristisch oder auch gewaltsam von den Herrschenden angegriffen wird, inhaltlich begründen, vermitteln und öffentlich verteidigen. Bei alldem ist uns bewusst, dass wir nicht die Ersten sind, die die Überwindung des Kapitalismus anstreben. So vehement vergangene sozialistische Versuche auch diskreditiert werden, sie waren in ihren Grundzügen richtig und liefern uns viele Erfahrungswerte. Wir wollen das Scheitern und die Fehlern dieser Versuche nicht wegreden, sondern analysieren und daraus Schlüsse für unser Handeln ziehen. Anders als die „Kritik“ der bürgerlichen Kräfte am Sozialismus: Sie dient einzig der Diskreditierung der sozialistischen Vergangenheit und der Stabilisierung des Status Quo. Dass dies teilweise auch von linken Organisationen und Akteuren übernommen wird, ist fatal und weisen wir dabei zu jeder Zeit zurück. Theorie und Praxis Die Basis von revolutionärer Arbeit muss ein dialektisches, aufbauendes Verhältnis zwischen Theorie und Praxis sein. Das heißt, die eigenen theoretischen Grundlagen und Strategien anhand historischer, internationaler und eigener Erfahrungen der politischen Praxis zu entwickeln. Die Praxis dann wiederum an der so entwickelten Theorie auszurichten, deren Gültigkeit zu überprüfen und sie gegebenenfalls anzupassen. Historische Erfahrungen haben gezeigt, dass es notwendig ist, eine an die jeweilige Situation angepasste revolutionäre Strategie zu erarbeiten. Reiner Aktionismus, der zufällig oder aufgrund eines „guten Riechers“ durchaus auch zu richtigen Ergebnissen führen kann, ist dazu langfristig genauso wenig im Stande, wie Positionen, die meinen, die richtige revolutionäre Strategie einzig aus den entsprechenden marxistischen Klassikern abschreiben zu können. Es geht darum, neue Impulse aus heutigen Kämpfen und Bewegungen aufzunehmen, auf Bewährtem aufzubauen und so eine zeitgemäße Linie, an der sich die praktische Arbeit orientiert, zu entwickeln. Organisierter Aufbau Es existiert momentan in der BRD keine revolutionäre kommunistische Organisation, der wir uns einfach anschließen könnten. Während die kommunistischen Gruppen und Parteien, die sich bereits als die Partei des Proletariats begreifen, entweder in sektiererischen und dogmatischen Zirkeln vor sich hin arbeiten und / oder kaum durch eine revolutionäre Praxis präsent sind, steht es mit der bewegungsorientierten Linken nicht besser. Viele ihrer Protagonist:innen haben zentrale politische Grundpfeiler längst aufgegeben und vertreten recht beliebige Positionen. Während sie sich von einem politischen Event zum nächsten hangeln, sind sie meist nicht in der Lage, eine langfristige Strategie und Perspektive zu entwickeln. Für uns gilt es, den verschiedenen Organisationen solidarisch gegenüberzutreten und dort, wo es möglich und sinnvoll ist, Bündnisse einzugehen und darauf hinzuwirken, mit Teilen davon ebenfalls einen gemeinsamen Organisierungsprozess einzugehen. Ein Ersatz für den Aufbau einer eigenen Struktur ist dies jedoch nicht. Wir brauchen eine bundesweite revolutionäre Organisation, die sich nicht auf spontane Aktivitäten beschränkt, sondern dem revolutionären Kampf Stärke, Kontinuität und Perspektive verleiht. Sie muss in der Lage sein, kontinuierlich theoretische und praktische Arbeit und Entwicklung zu gewährleisten. Sie muss auf neue Herausforderungen und spontane Notwendigkeiten reagieren können, revolutionäre Positionen dauerhaft präsent machen und die kämpferischen Teile der Klasse organisieren. Es geht uns um eine Organisation, die auf ideologischer, kultureller und politischer Ebene eine reale Gegenmacht zur Macht von Staat und Kapital aufbaut. Nicht zuletzt gilt es auch, die eigenen Strukturen zu schützen, sowie – zumindest punktuell – die Macht des Gegners praktisch in Frage zu stellen. Dabei gehen wir davon aus, dass der Aufbau von revolutionärer Gegenmacht ein kontinuierlicher Prozess sein muss. Daher ist diese Frage also nicht erst in einer revolutionären Situation, sondern in jeder Entwicklungsphase der Organisation aktuell. Der politische Kampf erfordert Verantwortung und Verbindlichkeit, die sich in unseren Strukturen niederschlagen müssen. Dabei erachten wir es als falsch, eine revolutionäre Organisation abseits unserer konkreten Lebensrealitäten aufzubauen. Anstatt diese Realitäten zu leugnen oder zu ignorieren, sehen wir es als unsere Aufgabe, einen bewussten Umgang mit dem Widerspruch zwischen objektiven politischen Notwendigkeiten und individuellen Lebensumständen zu entwickeln. Es ist möglich, Vereinzelung, Egoismus und bürgerliches Konkurrenzdenken in kollektiver Arbeit zu überwinden. Ohne sich der Illusion eines „richtigen Lebens im Falschen“ hinzugeben und mit der Klarheit, dass sich niemand den Einflüssen der herrschenden Ordnung entziehen kann. Die Organisation trägt also immer auch auf der Ebene des subjektiven Bewusstseins einen Keim der zukünftigen, noch aufzubauenden Gesellschaft in sich. Innerhalb der revolutionären Organisation muss Zentralismus mit der Förderung von Eigeninitiative und Kritik einhergehen. Dieser revolutionäre Aufbauprozess darf sich darf sich allerdings nicht alleine auf eine kommunistische Organisation beschränken, sondern muss genauso Organisierungen etwa auf sozialer, kultureller, gewerkschaftlicher oder betrieblicher Ebene umfassen. Ebenso wie solche, die hauptsächlich in einem einzelnen politischen Widerstandsfeld aktiv sind, etwa dem Kampf um Klimagerechtigkeit, für Frauenbefreiung oder dem antimilitaristischen oder antifaschistischen Kampf. Wo möglich, sehen wir es als unsere Aufgabe in Bereichen des politischen Widerstandes sowie in gesamtgesellschaftlichen Kämpfen, eine ideologische Orientierung zu bieten. Dazu bedarf es einer konkreten Beziehung zueinander. Es ist nicht die schematische Unterordnung aller Organisierungen unter die revolutionäre Führung, die einen fruchtbaren Prozess hervorbringt, die Kämpfe entfaltet und revolutionäre Linie schärft. Es ist vielmehr ein dialektisches, sich gegenseitig ergänzendes Verhältnis, das sowohl Autonomie, als auch das Verständnis auf verschiedenen Ebenen an einem gemeinsamen Prozess zu arbeiten beinhaltet. Dementsprechend fördern und unterstützen wir den Aufbau von Strukturen auf verschiedenen Ebenen und sehen sie als objektiven Bestandteil des revolutionären Prozesses. Die Konturen einer kommunistischen Organisation, die diesen Herausforderungen gewachsen ist, lassen sich weder von historischen Beispielen abpausen, noch rein theoretisch festschreiben. Sie können sich nur in der konkreten Praxis entwickeln und erschließen lassen. Die Zeit und die Bedingungen dafür sind jedenfalls überreif. (Perspektive Kommunismus, 2024)