Grundlagentext

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Im Folgenden legen wir die Grundlagen und Zielsetzungen unserer gemeinsamen politischen Arbeit dar. Wir, das sind verschiedene kommunistische Gruppen, die schon länger über eine praktische Zusammenarbeit und gemeinsame Debatten verbunden und die sich über die Notwendigkeit einer bundesweiten Organisierung einig sind.

Wir erleben momentan eine der tiefsten strukturellen Krisen des globalen Kapitalismus. Massive Angriffe auf die Lebensbedingungen der Mehrheit der Bevölkerung sind auch in den kapitalistischen Kernländern an der Tagesordnung. Unter den Zwängen der kapitalistischen Logik ist die herrschende Klasse dabei, von der ArbeiterInnenbewegung erkämpfte Errungenschaften, die in der BRD vielen Menschen einen vergleichsweise hohen und gesicherten Lebensstandard ermöglichten, nach und nach abzuschaffen. Imperialistische Kriege und Besatzungen, kaum noch als „humanitäre Interventionen“ getarnt, werden weitgehend ungestört geführt. Gleichzeitig findet eine Aufrüstung von Polizei und Militär statt, die sich auch im Innern auf die Bekämpfung von Protestbewegungen und perspektivisch von Aufständen vorbereiten.

Demgegenüber gibt es zumindest in der BRD aktuell keine Kraft, die in der Lage wäre, organisiert gegen den Klassenkampf von oben vorzugehen und eine Perspektive jenseits des Kapitalismus greifbar zu machen. Erfreulicherweise wird gerade dieses Missverhältnis zwischen der objektiven Möglichkeit zur Überwindung des Kapitalismus und dem Fehlen einer politischen Kraft, die dies vorantreibt, wieder in breiteren Kreisen der linken Bewegung thematisiert. Die Entwicklung hin zu einer revolutionären Organisation, wie wir sie für notwendig halten, ist trotz der objektiven Dringlichkeit ein langer und komplexer Prozess, an dessen Anfang wir erst stehen.

Die folgenden Positionen stellen kein fertiges Programm einer Organisation dar, sondern formulieren einige Grundlagen der politischen Arbeit unserer Gruppen. Sie sollen unsere Politik und den Prozess der Organisierung, den wir anstreben, transparenter und diskutierbar machen. Diese Grundlagen müssen in spezifischen Veröffentlichungen und Debatten noch intensiv vertieft und ausgebaut werden. Sie stellen für uns aber auch Eckpunkte dar, die wir in unserer Entwicklung und in der Diskussion mit anderen Strukturen, die ähnliches verfolgen, für wesentlich halten.


Klassenstandpunkt

Die Frage nach dem revolutionären Subjekt, danach „wer“, das heißt welche vorhandenen gesellschaftlichen Kräfte ein Interesse an der Überwindung der bestehenden Verhältnisse und am Aufbau einer befreiten Gesellschaftsordnung besitzen sowie die Möglichkeiten dazu haben, dies umzusetzen, bleibt zentral. Zwar ist es dem Kapital gelungen, die extremsten Auswirkungen der kapitalistischen Produktionsweise, wie etwa Krieg, absolute Armut und Hunger in die Peripherie zu verlagern. Teile der lohnabhängigen Klasse in den Metropolen leben in einigermaßen gesicherten Verhältnissen, während andernorts weiterhin brutale Barbarei und unmenschliche Lebensbedingungen alltäglich sind.

Dennoch ist der Klassenwiderspruch in den kapitalistischen Zentren keineswegs aufgehoben. Der Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit, zwischen Bourgeoisie und Proletariat, ist auch heute der zentrale gesellschaftliche Widerspruch des Kapitalismus. Die eine Klasse verfügt über gesellschaftliche Macht, bestimmt über die zentralen Prozesse und eignet sich den gesellschaftlichen Reichtum an. Der anderen Klasse bleibt nichts, als ihre Arbeitskraft anzubieten, auf einen Teil des von ihr geschaffenen Reichtums zu hoffen und sich mittels der bunten kapitalistischen Warenwelt eine Ablenkung vom belastenden Alltag zu verschaffen. Trotz aller Freiheiten und Vergnügungsmöglichkeiten ist das Leben der Lohnabhängigen weit davon entfernt, das bestmögliche zu sein. Sie haben immer mit den alltäglichen Zumutungen des Kapitalismus zu kämpfen: Ausbeutung, entfremdete Arbeitsverhältnisse, Armut, mangelhafte Gesundheitsversorgung, Ausgrenzung, Repression, Konkurrenzkampf etc. sind in dieser Gesellschaft stets präsent. Dass die Verhältnisse für viele als unüberwindbar erscheinen, liegt zum einen daran, dass der Kapitalismus häufig als natürliches soziales Verhältnis wahrgenommen wird und wahrnehmbare Alternativen kaum präsent sind. Zum anderen wird dieser Zustand aber auch täglich durch bürgerliche Medien und die Repression gegen linke Kräfte aktiv gesichert.

Neben den Hauptklassen Bourgeoisie und Proletariat existieren weitere Klassen, die eine gesellschaftliche Zwischenstellung einnehmen. Beispielsweise das Kleinbürgertum, welches eigene Produktionsmittel besitzt und selbst im Produktionsprozess tätig ist, sich aber teilweise auch die Arbeitskraft von anderen aneignet. Andererseits ist es selbst vom Abrutschen ins Proletariat bedroht. Dadurch verteidigt es einerseits seine relativ bessere Stellung gegenüber dem Proletariat, andererseits kann es in Situationen gesellschaftlicher Zuspitzung auch immer wieder revolutionäre Positionen übernehmen.

Die Bedeutung der Klassenfrage wurde in den kapitalistischen Zentren auch von vielen linken Kräften negiert, bzw. das Vorhandensein eines revolutionären Subjekts abgestritten oder durch beliebige Kräfte ersetzt: Man selbst als linke Szene sei das revolutionäre Subjekt oder (nationale) Befreiungsbewegungen im Trikont oder eine Multitude aus diversen Klassen und Bewegungen. Wohin das völlige Fehlen oder Aufgeben eines Klassenstandpunktes führen kann, sieht man am historischen Beispiel der SPD oder heute bei den sogenannten „Antideutschen“, von denen große Teile die Seite gewechselt haben und offen mit bürgerlichen und reaktionären Positionen auftreten.

Theorien, wie sie beispielsweise von VertreterInnen der „Neuen-Marx-Lektüre“, (Post-)Autonomen, orthodoxen Anti-Imperialisten oder AnhängerInnen von Negri und Hardt vertreten werden, stellen – bei allen interessanten Aspekten – keine Weiterentwicklung der marxistischen Klassenanalyse dar. Sie sehen nicht mehr in der Klasse der Arbeiterinnen und Arbeiter die gesellschaftliche Kraft, in deren objektivem Interesse die revolutionäre Überwindung des Kapitalismus steht. Basis ihrer Analyse ist der Fakt, dass in den kapitalistischen Zentren heute kaum noch tatsächliches Klassenbewusstsein, geschweige denn in einer entwickelten, revolutionären Form vorhanden ist und fortschrittliche Veränderungen maßgeblich von verschiedenen, oftmals eher bürgerlich geprägten, Bewegungen angestrebt werden. Mit dem durchaus richtigen Ansatz, die momentanen gesellschaftlichen Verhältnisse zum Ausgangspunkt zu nehmen, bleiben sie so häufig bei der Analyse subjektiven Bewusstseins stehen.

Der Begriff der Klasse bezieht sich aber weniger auf das unmittelbare subjektive Befinden der Angehörigen einer Klasse, als vielmehr auf die Analyse der sozialen Verhältnisse im Kapitalismus, um daraus Schlüsse zu ziehen und eine politische Praxis zu entwickeln. Die Klassen, ihre einzelnen Fraktionen und gesellschaftlichen Positionen, lassen sich strukturell-ökonomisch bestimmen. Über die damit verbundenen Lebensweisen, politisch ideologischen Einstellungen usw. gibt das allerdings nur begrenzt Aufschluss. Wie sich aber die Klassen als solche formieren, also wie die Beziehungen innerhalb einer Klasse aussehen und sich einzelne Fraktionen zueinander verhalten, ist für die revolutionäre Linke eine entscheidende Frage. Denn wie die Kapazitäten und Möglichkeiten für Kämpfe verteilt sind, hängt maßgeblich davon ab.

Die revolutionären Kräfte haben die Aufgabe, die Organisierung der Klasse voranzutreiben, in deren objektivem Interesse eine Überwindung der kapitalistischen Verhältnisse liegt. Diese Grundlage ist zentral, um theoretische und praktische Fehlentwicklungen zu verhindern – auch, wenn sie alleine natürlich keinen Garant für die richtige Theorie und Praxis darstellt. Die Differenzierungen innerhalb der Lohnabhängigen stellen dabei eine Herausforderung dar, sind jedoch kein Grund, den Klassenstandpunkt in Frage zu stellen. So sind beispielsweise prekär Beschäftigte schwerer für gemeinsame Kämpfe zu gewinnen, es steht jedoch außer Frage, dass genau dies notwendig ist und Bedingungen geschaffen werden müssen, die Arbeits- und politische Kämpfe der gesamten Klasse der Lohnabhängigen begünstigen.

Dabei müssen reaktionäre Ideologien und rassistische und sexistische Diskriminierung, die die Spaltung der Klasse verstärken, konsequent bekämpft und überwunden werden. Insbesondere das Patriarchat hat aber eine Dimension, die über die Spaltungsfunktion hinausgeht. Die Unterdrückung von Frauen bestand schon lange vor dem Aufkommen der kapitalistischen Produktionsweise: Es handelt sich um ein Herrschaftsverhältnis, das auf vielfältige Weise mit dem Kapitalismus verwoben ist. Die Ausbeutung der Lohnarbeit basiert auch auf der unbezahlten Reproduktionsarbeit im Haushalt, die nach wie vor mehrheitlich von Frauen erledigt wird. Das Patriarchat ist funktional mit dem Klassenverhältnis verstrickt und durchzieht neben der ökonomischen Ebene sämtliche gesellschaftliche Sphären. Der Klassenkampf vor Ort ist zentrales Aktions- und Bezugsfeld jeder revolutionären Bewegung. Erfahrungsaustausch, Vernetzung und Solidarität mit Bewegungen in anderen Ländern sowie solidarische Kritik müssen aber ebenso Bestandteil revolutionärer Politik sein. Für uns ist es selbstverständlich, auch die Kämpfe, die in anderen Ländern oder im internationalen Kontext geführt werden, von einem proletarischen Klassenstandpunkt aus zu betrachten. Dies alles schafft den notwendigen Rahmen um z.B. eurozentristische oder sozialchauvinistische Fehlentwicklungen, wie die zu große Fixierung auf die Situation in den westlichen imperialistischen Ländern oder die Argumentation der sogenannten Standortlogik, zu erkennen und zu vermeiden.

Letztlich werden viele Fragen durch die Entwicklung der letzten Jahre beantwortet: Der Klassenwiderspruch tritt auch in den kapitalistischen Zentren wieder offener zu Tage. Die Lebenssituation der meisten Lohnabhängigen ist durch zunehmenden Zeitdruck, Stress, psychische Belastungen und Existenzängste gekennzeichnet. Die Unzufriedenheit mit den kapitalistischen Verhältnissen nimmt zu. Doch innerhalb des gegebenen gesellschaftlichen Rahmens können diese Probleme nur individuell und in gegenseitiger Konkurrenz bewältigt werden, wenn nicht kollektiv an der Überwindung der kapitalistischen Verhältnisse gearbeitet wird. Die objektiven Möglichkeiten dafür sind längst gegeben. Produktionsprozesse werden heute auf hoher Ebene gesellschaftlich organisiert, wobei das Proletariat den Großteil wichtiger Arbeiten verrichtet. Zugleich hemmen jedoch private Aneignung, Profitlogik und Konkurrenz innerhalb der kapitalistischen Produktion lange schon eine sinnvolle Entwicklung und Nutzung der ökonomischen Potenziale. Deutlich zeigt sich also schon heute: Die kollektivierte Aneignung und Planung der gesellschaftlichen Produktion durch das Proletariat ist objektiv möglich und notwendig.

Für uns als revolutionäre Linke ergeben sich aus einem Klassenstandpunkt verschiedenste Aufgaben, die hier natürlich nicht alle ausgeführt werden können. Letztlich müssen wir aber in jedem politischen Kampffeld als Teil des Proletariats und mit der Perspektive gesellschaftlicher Emanzipation agieren. Insbesondere gilt es auch, dort tätig zu werden, wo sich die Klasse der Lohnabhängigen bereits für ihre Interessen organisiert, unabhängig davon, ob dies noch unter reformistischen oder schon unter revolutionären Vorzeichen geschieht.

Revolutionärer Anspruch

Unser Anspruch ist in dem Sinne revolutionär, dass wir nicht lediglich Änderungen innerhalb der bestehenden Verhältnisse fordern, sondern anstreben, diese grundsätzlich zu überwinden. Ziel ist, anknüpfend am vorher formulierten Klassenstandpunkt, die Umwälzung der gesellschaftlichen Basis, der herrschenden Produktionsverhältnisse. Das bedeutet konkret die Abschaffung des Privatbesitzes an Produktionsmitteln und deren Vergesellschaftung. Die Klasse der Kapitalisten wird entmachtet und die Verfügungsgewalt der Arbeiterinnen und Arbeiter über die gesellschaftliche Produktion gesichert. Die weiteren notwendigen Veränderungen hängen direkt damit zusammen. So muss an die Stelle des bürgerlichen Staates, der die Herrschaft des Kapitals sichert, eine rätedemokratische Staatsform treten, die den Wiederaufstieg der alten Ausbeuterklasse und andere reaktionäre Entwicklungen verhindert, ansonsten aber in erster Linie verwaltet und im Interesse des Proletariats die notwendigen Aufgaben organisiert. Das Ziel ist der Aufbau des Sozialismus hin zu einer befreiten, einer kommunistischen klassenlosen Gesellschaft.

Revolutionäre Politik bedeutet nicht nur eine Unterscheidung von reformistischen Positionen, die lediglich innerhalb des bestehenden Systems für Veränderungen eintreten und so früher oder später Teil des Problems werden. Ebenso notwendig ist eine Ablehnung von radikalistischen Positionen, denen es meist mehr um die Selbstvergewisserung der eigenen Radikalität als um die angemessene Vermittlung revolutionärer Inhalte geht. Wo immer nur das revolutionäre Ziel gesehen wird, die Analyse der Bedingungen und des Weges dorthin aber außer acht gelassen wird, dort entstehen Sektierertum, radikalistische Phrasen und mangelnde oder eine falsche Strategie und Taktik. Das führt letztlich immer zur Isolierung und Schwächung der revolutionären Kräfte.

Bei alldem ist uns bewusst, dass wir nicht die ersten sind, die die Überwindung des Kapitalismus anstreben. So vehement die bisherigen sozialistischen Bewegungen und Versuche auch diskreditiert werden und so offensichtlich auch ihr Scheitern ist, sie waren in ihren Grundzügen richtig und liefern uns viele Erfahrungswerte. Nicht zuletzt auch damit sich die Fehler nicht wiederholen, ist eine Beschäftigung mit ihren Entwicklungen, fernab der anti-kommunistischen Hetze, notwendig.

In jedem Fall erfordert eine revolutionäre Veränderung viel Kontinuität, Geduld und Verbindlichkeit und zwingt uns immer wieder uns an neue Situationen anzupassen, Fehler zu revidieren und Neues zu lernen. Auch die Fähigkeit mit Rückschlägen und staatlichen Angriffen umzugehen und die eigenen Strukturen gegen diese so gut wie möglich abzusichern und dennoch handlungsfähig zu bleiben, ist essenziell.

Theorie und Praxis

Basis revolutionärer Arbeit muss ein dialektisches, aufbauendes Verhältnis zwischen Theorie und Praxis sein. Das heißt, die eigenen theoretischen Grundlagen und Strategien anhand historischer, internationaler und eigener Erfahrungen der politischen Praxis zu entwickeln; die Praxis dann wiederum an der so entwickelten Theorie auszurichten, deren Gültigkeit zu überprüfen und sie gegebenenfalls anzupassen. Historische Erfahrungen haben gezeigt, dass es notwendig ist, eine an die jeweilige Situation angepasste revolutionäre Strategie zu erarbeiten. Reiner Aktionismus, der zufällig oder aufgrund eines „guten Riechers“ durchaus auch zu richtigen Ergebnissen führen kann, ist dazu langfristig genauso wenig im Stande, wie Positionen, die meinen, die richtige revolutionäre Strategie einzig aus den entsprechenden marxistischen Klassikern abschreiben zu können. Es geht darum, neue Impulse aus heutigen Kämpfen und Bewegungen aufzunehmen, auf Bewährtem aufzubauen und so eine zeitgemäße Linie, an der sich die praktische Arbeit orientiert, zu entwickeln.

Organisierter Aufbau

Es existiert momentan in der BRD keine revolutionäre kommunistische Organisation, der wir uns einfach anschließen könnten. Während die kommunistischen Gruppen und Parteien, die sich bereits als die Partei des Proletariats begreifen, entweder in sektiererischen und dogmatischen Zirkeln vor sich hin arbeiten und / oder kaum durch eine revolutionäre Praxis präsent sind, steht es mit der bewegungsorientierten Linken nicht besser. Viele ihrer ProtagonistInnen haben zentrale politische Grundpfeiler längst aufgegeben und vertreten recht beliebige Positionen. Während sie sich von einem politischen Event zum nächsten hangeln, sind sie meist nicht in der Lage, eine langfristige Strategie und Perspektive zu entwickeln. Für uns gilt es, den verschiedenen Organisationen solidarisch gegenüberzutreten, dort, wo es möglich und sinnvoll ist, Bündnisse einzugehen und darauf hinzuwirken, mit Teilen davon ebenfalls einen gemeinsamen Organisierungsprozess einzugehen. Ein Ersatz für den Aufbau einer eigenen Struktur ist dies jedoch nicht. Wir gehen aber auch davon aus, nur einen unter mehreren möglichen Kernen einer zukünftigen revolutionären Organisation darzustellen.

Wir begreifen Organisation als einen Prozess, der uns nicht in entfremdete Strukturen führt, sondern dazu beiträgt, uns solidarisch zusammenzuschließen und Vereinzelung und bürgerliches Konkurrenzdenken zu überwinden. Ohne sich der Illusion eines „richtigen Lebens im Falschen“ hinzugeben und im Bewusstsein, dass sich niemand den Einflüssen der herrschenden Ordnung entziehen kann, trägt die Organisation also immer auch einen Keim der zukünftigen, noch aufzubauenden Gesellschaft in sich. Wir brauchen eine bundesweite revolutionäre Organisation, die sich nicht auf spontane Aktivitäten beschränkt, sondern dem revolutionären Kampf Stärke, Kontinuität und Perspektive verleiht. Sie muss in der Lage sein, kontinuierlich eine theoretische und praktische Arbeit und Entwicklung zu gewährleisten. Das heißt, auf neue Herausforderungen und spontane Notwendigkeiten reagieren zu können, ohne sich ausschließlich daran abzuarbeiten, revolutionäre Positionen präsent zu machen und die kämpferischen Teile der Klasse zu organisieren. Es geht uns um eine Organisation, die auf ideologischer, kultureller und politischer Ebene eine reale Gegenmacht zur Macht von Staat und Kapital aufbaut bzw. diese befördert. Nicht zuletzt gilt es auch, die eigenen Strukturen zu schützen, sowie – zumindest punktuell – die Macht des Gegners praktisch in Frage zu stellen. Dabei gehen wir davon aus, dass der Aufbau von revolutionärer Gegenmacht ein kontinuierlicher Prozess sein muss, diese Frage also nicht erst in einer revolutionären Situation, sondern in jeder Entwicklungsphase der Organisation aktuell ist. Der politische Kampf erfordert Verantwortung und Verbindlichkeit, die sich in unseren Strukturen niederschlagen müssen. Trotz den objektiven politischen Notwendigkeiten gilt es aber innerhalb der Organisation auch die subjektiven persönlichen Bedürfnisse zu berücksichtigen. Auch innerhalb der revolutionären Organisation muss Zentralismus durch die Förderung und das Zulassen von Eigeninitiative und Kritik ergänzt werden.

Aus unseren eigenen Erfahrungen, ebenso wie aus der Geschichte, ziehen wir den Schluss, dass der Aufbau einer kommunistischen Organisation als zentraler Bestandteil eines revolutionären Prozesses notwendig ist. Dieser darf sich allerdings nicht alleine auf eine solche Organisation beschränken, sondern muss genauso Organisierungen etwa auf sozialer, kultureller oder gewerkschaftlicher Ebene umfassen, ebenso wie solche, die hauptsächlich in einem einzelnen politischen Teilbereich, etwa dem antipatriarchalen, antimilitaristischen oder antifaschistischen Kampf, aktiv sind.

Die Erfahrungen haben gezeigt, dass sich solche Teilbereichsstrukturen der revolutionären Organisation jedoch nicht schematisch unterordnen dürfen, sondern in einem dialektischem, das heißt in diesem Fall eigenständigen und gegebenenfalls auch widersprüchlichen, jedoch ergänzendem Verhältnis stehen müssen. Dementsprechend fördern und unterstützen wir den Aufbau von Strukturen auf verschiedenen Ebenen und sehen sie als objektiven Bestandteil des revolutionären Prozesses.

Wie genau sich der Aufbauprozess einer Organisation, die den genannten Ansprüchen gerecht wird, vollziehen wird, ist momentan nicht zu beantworten. Nur in der konkreten Praxis können sich die Konturen einer solchen Organisation entwickeln und erkennbar werden. Die Zeit und die Bedingungen dafür sind jedenfalls überreif.