Trotz Pandemie waren am 1. Mai Tausende auf den Straßen und haben dabei gezeigt, dass eine klassenkämpferische und revolutionäre Straßenpräsenz auch in Zeiten von Corona längst nicht unmöglich ist. Keine Frage: Dieser 1. Mai war eine Herausforderung. Willkürliche versammlungsrechtliche Einschränkungen in nahezu allen Dimensionen, große Teile der Bevölkerung, die durch das über allem schwebende Gesundheitsrisiko verunsichert waren, Absage der gewerkschaftlichen Demos und Kundgebungen, eine Mobilisierungsphase ohne kollektive Momente und nur wenigen Möglichkeiten Leute persönlich für die Aktionen zu gewinnen.

GenossInnen, Initiativen und Organisationen der klassenkämpferischen und revolutionären Linken aus zahlreichen Städten im Bundesgebiet haben dennoch Aktionen auf die Straße gebracht, die mehr als nur ein Lebenszeichen waren. Die Stärke der diesjährigen Mobilisierungen war nicht die Anzahl der TeilnehmerInnen, die in allen Städten im Vergleich zu den Vorjahren stark zurückgegangen ist. Es waren vielmehr die Versuche eine revolutionäre Straßenpräsenz am 1. Mai durchzusetzen, nicht nur um Symbolik und Kontinuität zu wahren, was durchaus eine gewisse Bedeutung hat, sondern vor allem um Ansätze für Praxisformen und konkrete Standpunkte zu entwickeln, die wir für revolutionäre Politik in der aktuellen Situation auch über den 1. Mai hinaus für wichtig halten:

– Kein Burgfrieden mit den Herrschenden unter dem Deckmantel des Gesundheitsschutzes. Der revolutionäre Bruch mit dem Kapitalismus als klare Perspektive.
– Klarer Bezug zu den konkreten Klasseninteressen der Lohnabhängigen, die jetzt im Zuge der sich entwickelnden kapitalistischen Krise von den Herrschenden angegriffen werden (gegen Entlassungen, Kurzarbeit, Überlastung, mangelnden Gesundheitsschutz etc. für Selbstorganisation der Belegschaften und kämpferische Gewerkschaftsarbeit)
– Kundgebungen und Demos, die deutlich machen, dass Gesundheitsschutz auch für uns eine Rolle spielt. Der Anspruch, die Durchführung mit einem sichtbar organisierten Auftreten eigenständig in die Hand zu nehmen.
– Kreative, flexible und kämpferische Aktionsformen, die unsere Standpunkte und Perspektiven abseits der Kontrolle von Bullen und Ämtern auf die Straße bringen.

Bei der Erarbeitung von praktischen und organisatorischen Antworten auf die aktuelle Krisensituation, für die es kein bewährtes Muster oder Schema gibt, stoßen wir alle auf neue Probleme und Hürden, die sich nicht auf die Schnelle lösen lassen. Das hat sicher bei vielen dafür gesorgt, dass der Widerspruch zwischen Anspruch und Realität der Maimobilisierungen in diesem Jahr weiter auseinandergeklafft ist, als bisher. Wir verstehen das aber als Ansporn für die weitere Arbeit an einem Aufbauprozess, der langfristig angelegt ist und uns sicher noch vor ganz andere Hürden stellen wird. Eine kapitalistische Krise, wie sie sich jetzt vor uns auftürmt, kann immer auch Türöffner und Chance für die Vermittlung und Entwicklung revolutionärer Perspektiven sein, unabhängig davon wie stark oder schwach die revolutionäre Linke bereits aufgestellt ist – vorausgesetzt wir stellen uns den konkreten Herausforderungen. In diesem Sinne möchten wir mit der folgenden Zusammenstellung auf einen 1. Mai zurückblicken, an dem Kreativität, Entschlossenheit und die Bereitschaft für eine Arbeit in der Klasse und mit der Klasse in vielen Städten und in unterschiedlichen Formen sichtbar wurden:

 

1. Mai-Aktivitäten

…von uns und befreundeten Strukturen

 

Unser Aufruf: Diese Krise hat System! Revolutionäre Gegenmacht aufbauen!

PK 1.Mai-Zeitung, die u.a. vor Betrieben, bei Aktionen und in proletarischen Stadtvierteln verteilt wurde


Berlin

Dezentrale Aktionen am privaten Vivantes Krankenhaus, am Lieferando-Büro und an der Amazon-Tower Baustelle.

 


Duisburg

Klassenkämpferische und revolutionäre Kundgebung mit über 50 TeilnehmerInnen. Außerdem Spontandemo mit Pyro


Hamburg

Am Vormittag: Antifaschistische Kundgebungen in Harburg wegen ursprünglich geplantem Naziaufmarsch. Am Abend: Mehrere selbstbestimmte Versammlungen mit bis zu 1000 TeilnehmerInnen auf der Reeperbahn trotz massiver Bullenpräsenz. Über den Abend verteilt immer wieder spontane Zusammenkünfte und Angriffe auf Bulleneinheiten und kapitalistische Institutionen.


Karlsruhe

Am Vormittag Aktion gegen das Geschäft mit Wohnraum und Gentrifizierung mit Sprühparolen, Schildern und Transparenten. Im Anschluss antikapitalistische Bündnis-Kundgebung mit über 250 TeilnehmerInnen. Danach Schilder-Aktion an CDU-Büro gegen ihre Klimapolitik und die weitere Verschlechterung der Arbeitsbedingungen von Pflege-Beschäftigten unter ihrer Führung.


Köln

Drei unangemeldete Demos in verschiedenen Stadtvierteln. Außerdem Stadtverschönerung mit Transparenten und gemalten Parolen in der Nacht auf den 1. Mai.


Leipzig

Antikapitalistische Demo unter dem Motto “Nicht auf unserem Rücken!” mit über 200 TeilnehmerInnen.


München

Mehrere Hundert TeilnehmerInnen auf antikapitalistischer Kundgebung vor dem Gewerkschaftshaus. Anschließende Demo mit revolutionärem Block. Später am Tag eine unangemeldete Demonstration mit 50 TeilnehmerInnen, rotem Rauch, Beifallsbekundungen und Bannerdrop für sozialen Wohnraum im proletarischen Stadtteil Neuperlach, außerdem ein Demospaziergang im Ostpark unter dem Motto “Nicht auf unserem Rücken!”. Außerdem: Proteste und Blockade-Aktion gegen Kundgebung von Faschisten der Kleinstpartei “Der III. Weg”.


Stuttgart

Am Morgen unangekündigte Demo mit etwa 50 TeilnehmerInnen, organisiertem Auftreten, viel Pyro und Rauch im Stuttgarter Süden. Vormittags-Aktionen an der S21-Baustelle, vor dem Stuttgarter Klinikum und zum Frauenkampf und anschließende antikapitalistische Kundgebung mit mehreren hundert TeilnehmerInnen im Bündnisrahmen. Danach revolutionäre Demo mit über 500 TeilnehmerInnen. Im Anschluss Blitzkundgebungen, revolutionäre Agitation mit Lautsprecher-PKW’s, Verteilung und Stadtverschönerung mit Gruppen von 30-40 Leuten in 3 Stadtteilen.


Villingen-Schwenningen

Revolutionäre Demo mit etwa 50 TeilnehmerInnen. Im Anschluss Banner-Aktionen an verschiedenen Ortseingängen und Ausklang mit Pyro und Transparent  an Mobilisierungsgraffiti.


Waiblingen

Antikapitalistische Bündnisdemo mit 100 TeilnehmerInnen. Im Demoverlauf: Symbolische Absperraktion an der Niederlassung des Arbeitsgeberverbands “Südwestmetall”, Plakatieraktion an Grünen-Parteibüro. Im Anschluss: Solibild mit Pyro für die streikende Belegschaft beim Maschinenbauer Voith in Sonthofen.


 

Eine Übersicht über viele weitere Aktivitäten zum diesjährigen 1. Mai:

1. Mai 2020 Übersicht

 

 

 

 

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