Am letzten Samstag, den 19. Februar zogen wir gleich zweimal lautstark und gut sichtbar mit Hunderten durch die Münchner Innenstadt. Einerseits traf sich wie jedes Jahr die oberste Riege aus Rüstungsindustrie, Außenminister:innen und Militär zur Münchener Sicherheitskonferenz „SiKo“. Außerdem jährte sich an dem Tag der neunfache rassistische Mord in Hanau zum zweiten Mal. Zwei Daten, die angesichts der sich zuspitzenden Kriegsrhetorik zwischen der Nato und Russland, und dem ständig präsenten Terror von Rechts zentrale Bedeutung für uns haben. 

Die Demonstration gegen die SiKo startete kämpferisch und für die Bullen überraschend mit einer Sponti durch die Fußgängerzone vom Marienplatz bis zum Auftaktkundgebungsort am Stachus. Knapp 150 Menschen haben dort schon klar gemacht, das sie bereit sind den traditionellen Schikanen, Kontrollen und der Einschüchterung der Repressionsorgane zur SiKo etwas entgegenzusetzen. Die Stimmung war also gut, als sich anschließend an die Kundgebung die Demo, und darin der antikapitalistische Block (mit ca. 600 Teilnehmer:innen der stärkste organisierte Bereich der Demo) aufstellten.

Am Rand der Auftaktkundgebung wurden einige Vertreter:innen der sogenannten „Freien Linken“, die mit verschwörungstheoretischen rechten Corona-Leugner:innen zusammenarbeiten abgedrängt. Sie verbrachten den Auftakt unter Bullenschutz am Rand. Begleitet von einem erwartbar riesigen Bullenaufgebot, am antikapitalistischen Block mit mehrreihigem Spalier, zog die Demo durch die Innenstadt, in unmittelbarer Nähe zum Bayerischen Hof, wo parallel die Sicherheitskonferenz stattfand. Während dort drinnen die Werbetrommel für militärische Interventionen gerührt, und gedealt wurde wie viele Waffen die Ukraine nun bekommen soll, waren auf der Straße antimilitaristische Parolen zu hören. Eine Vertreter:in von Perspektive Kommunismus erklärte in einer Rede die wirtschaftlichen Interessen hinter dem aktuellen Ukraine Konflikt (1, 2) und stellte fest:

Unser Internationalismus muss stattdessen antikapitalistisch sein. Mit einem klaren Bekenntnis zum Proletariat, als der Klasse, die als erstes auf den Schlachtfeldern sterben. Was wir brauchen, ist ein revolutionärer Antimilitarismus. Ein Internationalismus, der die kapitalistische Ordnung in Russland, den USA und der BRD gleichermaßen stürzen will. Ein Antimilitarismus, der nicht Pazifismus lehrt, sondern dem imperialistischen Kriegstreiben ein Ende setzt. Wenn nötig, auch mit Gewalt.

Der Ausdruck im Block wurde mehrfach untermalt von pyrotechnischen Effekten und brachte durch Schilder und Transpis die verschiedenen Aspekte internationaler Solidarität zum Ausdruck, vom Bezug auf den Kampf in Rojava, bis zu antimilitaristischer Praxis gegen Rüstungskonzerne in Deutschland.

Als die Demo am Marienplatz angekommen war, versuchten die Bullen ihre passive Rolle in den Stunden vorher mit massiver Repression wieder gutzumachen. Auf dem Weg weg von der Kundgebung wurden mehrere Genoss:innen festgenommen. Dabei waren sich die Cops nicht zu schade sich teilweise fadenscheinige Vorwürfe, wie das Verknoten von Seitentransparenten, aus den Fingern zu saugen um die Attacken zu rechtfertigen. Solidarisierungen von anderen Teilnehmer:innen beantworteten die Bullen prompt mit Anzeigen wegen Widerstand und tätlichen Angriffs. Teils verfolgten Zivis oder Bereitschaftsbullen die sich entfernenden Teilnehmer:innen durch die halbe Stadt.


Davon nicht eingeschüchtert fanden sich am frühen Abend noch einmal an die 1000 Menschen zur Gedenkkundgebung und Demonstration für die Opfer des rassistischen Terroranschlags in Hanau am 19. Februar 2020 ein. Die Veranstaltung, die zusammen von migrantischen Initiativen, antifaschistischen Gruppen und Gewerkschaftsjugenden organisiert worden war, hatte die Forderung nach Aufklärung, Trauer und Erinnerung im Fokus. Die anschließende antifaschistische Demonstration wandelte das in Wut um: Gegen den institutionalisierten Rassismus, die rechten Strukturen in den Behörden, und den anhaltenden Terror von Rechts.

Das riesige Bullenaufgebot am Rand der Demo versuchte durchgehend einzuschüchtern, war aber längst nicht so souverän, wie es wirken sollte. Eine Gruppe von ihnen, die an einer Engstelle das Spalier nicht aufgeben wollte, drückte sich zwischen die Demo und einen Bauzaun. Die Reaktion auf den vorhersehbaren Platzmangel  war ein panischer Angriff mit Knüppel und Pfefferspray. Die Demo zeigte in dieser Situation Geschlossenheit und wehrte Angriffe auf die Seite an mehreren Stellen ab.

Die Rache dafür folgte in den weiteren Abendstunden: Noch bei der Abfahrt wurden Demoteilnehmer:innen in der U-Bahn zusammengeschlagen. Dass auf Menschen, die die Portraits von Opfern rassistischer Gewalt tragen, eingeprügelt wird, mag schockierend aussehen, für uns ist es aber vor allem eine weitere Bestätigung, dass dieser Staat kein Verbündeter ist im Kampf gegen rechten Terror. Wenn wir uns vor faschistischer Gewalt schützen wollen, dürfen wir uns nicht auf diesen Staat verlassen, sondern müssen wir unsere eigene Seite aufbauen. Das bedeutet den antifaschistischen Selbstschutz stärken, und gemeinsam eine starke revolutionäre Bewegung bilden. Rassismus hat seine Wurzeln in der Herrschaft des Kapitals, das uns spalten will um uns besser ausbeuten zu können. Dem setzen wir – angesichts nationalistischem Kriegsgeheul genauso wie rassistischer Ausgrenzung – unsere internationale, proletarische Solidarität entgegen.

(Bilder vom Blog des Antifaschistischen Stammtisch München)

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