Corona-FAQ

Warum dieses FAQ?

In alltäglichen Gesprächen und Diskussionen zur Corona-Thematik werden immer wieder ähnliche Fragen gestellt: Sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer plötzlich Verbündete und beste Freunde a la “an einem Strang ziehen”? Wie sieht es mit der Krisenlösung von Kapital von Staat aus und was sind unsere Ansätze als Kommunist*innen? Bietet die Corona-Krise auch Potentiale und Chancen – wenn ja welche? Wir haben einige Antworten zu diesen Fragen zusammengefasst, diese findet ihr weiter unten, oder ihr könnt sie euch als PDF herunterladen.

Nein. Zwar stimmt es, dass der Corona-Virus nicht unterscheidet zwischen dick und dünn, zwischen arm und reich, zwischen Chinesen oder Deutschen. Doch es gibt grundsätzliche Unterschiede wie sich Menschen schützen können und wie sehr sie gefährdet sind.
Reiche und Firmenchefs, Manager und Aktionäre, kurz – die Kapitalisten sind nicht auf öffentliche Verkehrsmittel, Supermärkte, oder die Anwesenheit in Betrieben angewiesen. Sie können sich chauffieren lassen, sich 24/7 von Lieferdiensten Essen ins Haus bringen lassen und Aufgaben delegieren. Eine große Mehrheit in der Bevölkerung aber kann sich diesen Luxus nicht leisten. Es sind die Beschäftigen die vom monatlichen Einkommen abhängig sind um über die Runden zu kommen.

In vielen Betrieben läuft die Produktion immer noch weiter, als wäre nichts gewesen, werden Produkte hergestellt, die für eine Grundversorgung überhaupt nicht erforderlich sind. Die einen verdienen sich also eine goldene Nase, in dem Kolleginnen und Kollegen der Gefahr einer Ansteckung ausgesetzt werden. Während die einen sich verschulden müssen um Lebenshaltungskosten, wie die Miete aufbringen zu können, greifen die Kapitalisten auf jahrelang angehäufte Vermögen und steuerfreie Milliardenpakete des Staates zurück. Gierige Firmenchefs und Millionäre bekommen den Hals nicht voll, während Millionen jetzt von Kurzarbeit und Kündigungen betroffen sind.

Wenn es also ein Boot gibt, dann ein Boot mit einer klaren Klasseneinteilung und zwei Decks. Oben ein Deck für die Kapitalisten und Reichen. Dort herrscht ausreichend Platz, befinden sich große Speisesäle, haben alle ein eigenes Schlafzimmer und befinden sich auch die Rettungsboote, sollte es zum Schiffsbruch kommen. Im unteren Deck versammelt sich die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung. Dort ist es viel beengter und teilen sich viele gemeinsam Kajüten. Gerade erleben wir die Vorzeichen einer großen Wirtschaftskrise auf, die das Boot zusteuert. Bevor es zum großen Aufprall kommt und viele Existenzen auf dem Spiel stehen, werden sich die Reichen in den Rettungsbooten als erstes vom Acker machen und in Sicherheit bringen, während viele vom unteren Deck auf der Strecke bleiben werden.
In solchen Verhältnissen von notwendiger Geschwisterlichkeit, Solidarität und „Wir Alle sitzen im selben Boot“ zu sprechen, ist richtig. Aber nur richtig, wenn es um Klassensolidarität von unten geht. Um Beschäftige und Kolleginnen, die sich für Beschäftige und KollegInnen einsetzen. Wenn jedoch die Kapitalseite, Unternehmerverbände, Firmenchefs, PolitikerInnen solche Sätze in den Mund nehmen, dann ist das heuchlerisch und verlogen. Denn sie sind es, bei denen jahrelang die Kasse geklingelt hat, die jahrelang Privatisierungen vorangetrieben haben, die das Gesundheitswesen runter gewirtschaftet haben. Wenn der gesellschaftliche Reichtum neu verteilt wurde, gerecht, solidarisch und bedarfsorientiert – dann können wir von einem Boot mit großem Gemeinschaftsdeck sprechen. Eine systematische Umverteilung von Oben nach Unten, eine flächendeckende Vergesellschaftung unter demokratischer Kontrolle und eine Wirtschaft nach Plan wären gute Schritt in diese Richtung.

Kapazitäten zur Versorgung reichen nicht aus und vielerorts sterben Menschen. Doch so weit hätte es nie kommen müssen. Sars-CoV-2 ist nicht das erste Atemwegsvirus. 2002 und 2003 war in über 30 Ländern das SARS-Virus im Umlauf, gefolgt von Infektionswellen wie des Zika-Virus 2016. Die Frage war nie ob, sondern nur, wann ein weiterer Atemwegsvirus auftaucht. Mit den Erfahrungen der vergangenen Infektionswellen erarbeitete das Robert-Koch-Institut 2012 eine Risikoanalyse für die Bundesregierung. Darin wurde die Gefahr eines Ausnahmezustandes durch eklatante Engpässe bei medizinischen Gerätschaften und Schutzausrüstung konstatiert. Die Warnungen wurden ignoriert.

Dass Deutschland und viele andere Länder völlig unzureichend vorbereitet sind, liegt nicht an einem Kenntnismangel, sondern an kalkulierten und systematischen Sparmaßnahmen im Gesundheitssektor. Jahrzehntelang wurde rationalisiert und privatisiert was das Zeug hält, damit Krankenhäuser wie Wirtschaftsunternehmen möglichst wenig Kosten verursachen und sogar Gewinne abschmeißen. Das Gesundheitssystem in Deutschland wurde bewusst kaputtgespart, es fehlen mehr als 100.000 Pflegekräfte. Noch im letzten Sommer forderte die von der Bundesregierung viel gelobte Bertelsman Stiftung von den aktuell 1.400 deutschen Krankenhäusern die Hälfte zu schließen.

In unseren Nachbarländern sieht es nicht besser aus, nur das viele der Sparmaßnahmen dort nach der Bankenkrise 2008 von Deutschland diktiert wurden. Die Folgen zahlen jetzt die Menschen in Südeuropa – allen voran Italien, Spanien und Griechenland. In Italien hat sich laut Weltgesundheitsorganisation die Anzahl der Intensivpflegebetten in den letzten 25 Jahren halbiert, von ehemals 575 Plätze pro 100.000 Einwohner auf heute 275. Seit 2008 sank die Anzahl der Krankenhäuser um 15 Prozent. In Griechenland wurden seit 2009 mehr als 39.000 Ärzte und Mitarbeiter im Gesundheitsbereich entlassen. Von 137 Krankenhäusern wurden 54 geschlossen. Auch in Spanien stutzte man die Ausgaben für das Gesundheitssystem seit 2008 drastisch.

Dass die Corona-Krise gerade mit so einer Wucht einschlägt, verdanken wir diesem Wirtschaftssystem und der herrschenden Politik, die das Gesundheitswesen jahrelang eingestampft hat. Jahrelang zählte der Maßstab: Wettbewerb, Privatisierung, Kürzungen Deregulierung. Was es nun braucht, ist ein grundsätzlicher Systemwandel. Mehr Wertschätzung und Boni-Zahlungen für die Beschäftigen in der Pflege sind ein guter Anfang. Doch es braucht mehr. Wir wollen eine vollständige Entprivatisierung des Gesundheitswesens, eine Abschaffung der Fallpauschalen, eine Vergesellschaftung der Pharmaindustrie, eine zentral organisierte und bedarfsorientierte Verteilung von Medikamenten. Patente auf Medizin gehören bedingungslos abgeschafft. Investitionen für Forschung und Entwicklung gesellschaftlich getragen. Wir (bis auf die Millionäre und Aktionäre) haben nichts zu verlieren, jedoch viele Leben zu gewinnen.

Dieser Staat ist und bleibt ein Klassenstaat. Ein Staat der vor der Corona-Krise die ungleiche Vermögensverteilung organisiert hat und der es heute tut. Ein Staat der garantiert, dass sich der Reichtum in den Händen Weniger konzentriert, während die meisten hart arbeiten und sich doch keine große Sprünge leisten können. Ein Staat, der die Rahmenbedingungen zur besten Kapitalverwertung für Banken und Konzerne garantiert, ob bei Wohnraum, der Umwelt, Steuer, oder Gesundheitspolitik. Ein Staat, der Wohnungsspekulanten den roten Teppich ausrollt und jährlich 60.000 Zwangsräumungen organisiert. Ein Staat, der zu verantworten hat, dass 650.000 Menschen ohne eigene Wohnung dastehen. Ein Staat der zulässt, dass eineinhalb Million Menschen auf Tafeln angewiesen sind, weil sie sich das Essen im Supermarkt nicht leisten können. Ein Staat, der Menschen wegen Schwarzfahren in Knäste steckt – aktuell sitzen allein deswegen 7.000 Menschen in deutschen Knästen. Ein Staat, der zu verantworten hat, dass sich auf dem Grund vom Mittelmeer Leichenberge stapeln. Ein Staat, der Panzer an die Türkei verkauft um sich Flüchtlinge vom Hals zu halten. Ein Staat, der an die Gemeinschaft appelliert und währenddessen still und leise Geflüchtete in Kriegsgebiete wie Afghanistan abschiebt. Nein, dieser Staat ist nicht unser Staat. Dieser Staat ist ein kapitalistischer Staat. Dieser Staat sichert mit Justiz und Gewaltmonopol die herrschende (Unrechts) Ordnung.

Wen dieser Staat jetzt Milliarden in Unternehmen pumpt, warum übernimmt er dann nicht systematisch die Unternehmen, stellt sie unter demokratische Kontrolle der Beschäftigten und sozialisiert die Gewinne? Richtig, weil dies an den Eigentumsverhältnissen rütteln würde.

Trotz offensichtlichem Scheiterns der gegenwärtigen Wirtschaftsordnung versuchen die Regierenden, das System im Wesentlichen unverändert aufrecht zu erhalten. Auf diesen Staat ist also kein Verlass für eine Politik die Menschen über Profite stellt. Es ist dieser Staat, der jahrzehntelang flächendeckend Krisenfeuer gelegt hat und sich jetzt als Feuerwehr inszeniert. Wenn Merkel, Scholz und Kretschmann jetzt an das gemeinschaftliche Verantwortung appellieren und Worte wie Solidarität in den Mund nehmen, dann ist das einzig und alleine verlogen und heuchlerisch.

Natürlich gibt es auch einige sinnvolle Sofortmaßnahmen des Staates und einige Milliarden für Bedürftige – das ist aber vor allem der Versuch das System vor einem irreparablen Vertrauens- und Wirtschaftskollaps zu bewahren. Die letzte Bankenkrise ist gerade einmal zehn Jahre her. Hat sich seit dem grundlegend etwas geädert? Nein. Was wir brauchen, ist ein anderes System, sonst ist es nur eine Frage der Zeit bis zur nächsten Krise. Dieser Staat ist dabei kein Teil der Lösung, sondern Teil des Problems.

Der Abbau demokratischer Grundrechte wird damit begründet, dass das Gesundheitssystem überlastet werden könnte, dass nicht genügend Versorgungskapazitäten für Corona-Erkrankte zur Verfügung stünden. Die Macher argumentieren also mit einem Notstand, den sie selber zu verantworten haben, den sie in den letzten Jahrzehnten geradezu herbeiorganisiert haben. Ist, wer das Gesundheitswesen demontiert hat, legitimiert, jetzt in Sachen Gesundheit zu entscheiden? Natürlich gilt es wichtige Schutzmaßnahmen einzuhalten, schlicht weil wir einen realen Notstand haben und unser Verhalten über Leben und Tod entscheidet, weil wir bei unnötigen Kontakten schlicht unverantwortliche Arschlöcher wären.

Doch wir dürfen eines nicht vergessen: Diejenigen, die in den letzten Jahren den Überwachungs- und Polizeistaat mehr und mehr ausgebaut haben, drücken jetzt massiv auf das Gaspedal. Sie wollen die Situation nutzen 1) für eine gesellschaftliche Gewöhnung an neue Überwachungstechniken und damit Steigerung ihrer Akzeptanz und 2) um möglichst viele davon langfristig zu etablieren.

Flächendeckende Überwachung und autoritäre Maßnahmen waren schon immer Machterhaltungs- und Herrschaftsinstrumente in Krisenzeiten. Sie sind Akte präventiver Aufstandsbekämpfung für den Fall, dass sich Arbeits- und Klassenkämpfe zuspitzen. Denn genau solche Krisenzeiten bieten gesellschaftlichen Sprengstoff. Die aktuelle Situation zwingt förmlich zur Diskussion über Alternativen, was bei den Superreichen und Profiteuren der kapitalistischen Wirtschaftsordnung – zu Recht – zu großer Unsicherheit führt. Denn die Pandemie, genau wie die Umweltkrise zeigt deutlich, dass der Kapitalismus tötet und massenhaft soziale Ungerechtigkeit produziert.

Jetzt ist die Stunde für gesellschaftliche Verantwortung von unten, statt autoritäre Überwachung von oben. Wir brauchen solidarische Ermahnung und nachbarschaftliche Durchsetzung, statt Denunzierungen gegenüber Staat und Polizei.

Grundsätzlich gilt, je ärmer Menschen sind, desto härter wird sie Corona treffen. Je reicher Menschen sind, desto besser können sie sich schützen. Menschen in vielen Ländern – vor allem im globalen Süden – haben weder geeignete Schutzausrüstung, noch können sie eine Netflix- und Lieferando-Quarantäne in Anspruch nehmen. Ganz zu schweigen von den Menschen in extremer Armut. Laut Vereinten Nationen leiden 821 Millionen Menschen an Hunger. Jeden Tag sterben 24.000 an Unterernährung. Gerade hungernde Menschen sind Corona wegen ihres schwachen Immunsystems besonders ausgeliefert. Ganz zu schweigen von den überfüllten Flüchtlingslagern. Im Lager von Moria auf Lesbos – ausgelegt für 2.800 Personen – befinden sich zur Stunde 20.000 Menschen. Für ihre medizinische Versorgung gibt es genau drei Ärzte. Sie sollen Abstand halten, während sich teils fünfzehn Menschen ein Zelt teilen. Sie sollen auf Hygiene achten, wo es im Durchschnitt eine Toilette für 167 Menschen gibt. Sie sollen ihre Hände waschen, während es nicht einmal genug Wasser zum Trinken gibt.

Doch nicht nur im globalen Maßstab – auch in Deutschland trifft es die am härtesten, denen es sowieso schon dreckig geht. Neben den Risikogruppen wie Alte, Vorerkrankte sind das Geflüchtete, Obdachlose und prekär Beschäftigte. Viele Geflüchtete müssen in überfüllten Sammelunterkünften auf 4,5 m² hausen. Obdachlose haben erst gar keinen Schutzraum. Denn für #Stayhome braucht es erst einmal ein Zuhause. Natürlich gäbe es auch hier flächendeckend schnelle Lösungen. Abhilfe könnte z.B. die Beschlagnahmung von Wohnungsleestand und eine dezentrale Unterbringung schaffen, doch nichts dergleichen passiert. Und natürlich sind es die prekär Beschäftigten mit geringen Einkommen, die auch besonders gefährdet sind. Sie müssen in Supermärkten einkaufen, öffentlichen Nahverkehr nutzen. Reiche hingegen können sich in sichere Gefilde zurückziehen, von ihrem angehäuften Vermögen zehren, andere die Arbeit erledigen lassen und sich dadurch sehr viel weniger Gefahren aussetzen.

Unabhängig von der unmittelbar gesundheitlichen Dimension und den Schutzmöglichkeiten stellt sich die Frage der ökonomischen Folgen. Auch hier trifft es zuerst die Menschen in den vielen kleinen Betrieben, den Zulieferern, kleinen Einzelhandelsläden, Gastrobeschäftigte, Kunst- und Kulturschaffende, LeiharbeiterInnen, Leute mit eh schon wenig Kohle zum Leben. Doch der richtige Kriseneinschlag wird erst noch kommen. Der Gesundheitskrise folgt eine umfassende Wirtschaftskrise. Wenn wir uns die letzten Krisenabwälzungen anschauen, dann bedeutet das: Zahltag für die Beschäftigen. Entlassungswellen, Lohnkürzungen, Abbau von gewerkschaftlichen Mitbestimmungsrechten und mehr prekäre Arbeit. Banken und Konzerne hingegen, die über riesige Privatvermögen verfügen, werden zu 100% von den staatlichen Rettungsschirmen (unser Steuergeld) profitieren und weitermachen wie bisher. Um die Krisenabwälzung auf unserem Rücken zu verhindern und die Reichen zur Kasse zu zwingen, braucht es eine starke Mobilisierung unter den Beschäftigten, eine Kampfbereitschaft der Gewerkschaften, Streiks und politische Kampagnen für eine Umverteilung von oben nach unten.

Die Gelddruckmaschinen laufen heiß. Regierungen pumpen Geld in die Märkte um einen unkontrollierten Crash zu verhindern. Die Bundesregierung hat Maßnahmen von 1,2 Billionen Euro beschlossen. Ohne mit der Wimper zu zucken hat die Regierung in den ersten Tagen der Corona-Krise den Banken und Konzernen Garantien ausgesprochen. Für sie stehen – sofort und weitgehend ohne irgendwelche Gegenforderungen – hunderte Milliarden bereit. Fakt ist, alles Geld was jetzt vom Staat mobilisiert wird, ist unser Steuergeld. Fakt ist, die Verluste der Krise werden fast vollumfänglich von der Klasse der Lohnabhängigen getragen. Die Vermögen der Kapitalisten, der Reichen, der Aktionäre und Firmenchefs werden nicht angetastet. Kurzzeitige Verzichte von Vorständen auf Teile ihrer Gehälter dürfen unseren Blick auf die allgemeine Umverteilung von unten nach oben nicht trüben. Daimler Vorstand Ola Källenius hat etwa angekündigt auf 20% seines Gehaltes zu verzichten. Statt 1,3 Millionen verdient er dann halt nur noch 1,14 Millionen – zeitlich befristet versteht sich. Zu wissen, das dieses nicht vom Himmel fällt, sondern von den Beschäftigten erarbeitet wird, bei denen jetzt unzählige Kündigungen eine Frage der Zeit sind, ist Imagepflege und Hohn, statt ein solidarisches Schultern der Krisenlasten. Warum wird nicht sofort eine Reichensteuer eingeführt? Warum werden nicht die Vermögenden zur Kasse gezwungen? Die, bei denen jahrzehntelang die Kasse geklingelt hat? Dieser Umstand zeigt mehr als deutlich, in wessen Interesse dieser Staat agiert.

Fakt ist, gesellschaftlicher Reichtum ist da, nur eben konzentriert bei den Kapitalisten. In Deutschland besitzen die reichsten 10 Prozent soviel wie 40 Millionen BundesbürgerInnen, also die Hälfte der Bevölkerung. Das reichste Prozent besitzt sogar 18 Prozent. Doch nicht nur das. Jetzt fordert z.B. René Benko, Besitzer des Galeria Kaufhof Karstadt Konzerns (Privatvermögen: 5,2 Milliarden Euro) von der Bundesregierung finanzielle Hilfe Millionenhöhe. Der Konzern H&M (Gewinn 2019: 1,27 Milliarden Euro) zahlte nach einer Woche bereits keine Ladenmiete mehr und verlangte von der Regierung einzuspringen. Wer natürlich weiterhin Miete zahlen muss: Das Café um die Ecke, die kleine Buchhandlung, der Bäcker, das Theater. Klar ist, dass im Kapitalismus immer die Gewinne privatisiert und die Verluste sozialisiert werden. Klar ist auch, dass die Vermögenden ihr Vermögen nicht einfach hergeben werden. Und dieser Staat? Der stand mit seinem Gewaltmonopol in entscheidender Stunde immer auf Seiten des Kapitals. Deshalb müssen wir uns als Klasse organisieren und Gedanken machen, wie ein Staat organisiert sein kann, der nach Bedarf den gesellschaftlichen Reichtum gerecht verteilt.

Frauen sind aktuell sehr viel mehr betroffenen als Männer: In Quarantäne Zeiten nimmt die häusliche Gewalt zu, Frauenhäuser schließen ihre Pforten wegen Überfüllung und gerade Alleinerziehende müssen wegen Kinderbetreuung jetzt erhebliche Gehaltskürzungen hinnehmen oder unbezahlten Urlaub. Und in den zur Zeit viel beklatschten systemrelevanten Berufen sind es vor allem Frauen, die den Laden am Laufen halten: Der Frauenanteil bei den Beschäftigten macht im Einzelhandel 72 Prozent aus, in den Krankenhäusern 76 Prozent, in Kindergärten sogar 92 Prozent. Hier sind sie gerade erheblichen Gesundheitsrisiken und enormer Belastung ausgesetzt.

Bereits vor Corona haben Frauen durchschnittlich 20 Prozent weniger verdient als Männer. Deshalb trifft es jetzt auch beim Thema Kurzarbeit Frauen ganz besonders. Frauenkampf ist und muss Teil vom Klassenkampf sein, wenn es jetzt darum geht 1) dass die Krise nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird, sondern die Reichen zur Kasse gezwungen werden und 2) das sich endlich eine Gleichstellung der Frauen vollzieht.

Die Corona-Krise ist ein Spiegel kapitalistischer Realität. Der Spiegel zeigt die ungeschminkte Fratze eines Systems, das kaputt und tödlich ist, das Profitmaximierung und Spardiktate über Gesundheit und Menschenleben stellt. Überall wird plötzlich über Fragen geredet, die eine wirkliche Chance bieten. Fragen, was eigentlich zählt in dieser Gesellschaft, Fragen, wer jetzt für die Krise bezahlen muss, Fragen über soziale Gerechtigkeit und Solidarität, Fragen über Produktionsweisen. Plötzlich sind „Verstaatlichungen“ kein teuflisches Kommunistenwerk mehr, sondern eine denkbare Option. Plötzlich zeigt sich, dass Produktionen innerhalb kürzester Zeit umgestellt werden können um nach Bedarf zu produzieren. Plötzlich zeigen sich Vorteile einer zentralisierten und planmäßigen Wirtschaft, wenn der Preis von Atemschutzmasken aufgrund kapitalistischer Profitlogik explodieren und der Staat „eingreifen“ muss. Plötzlich entpuppen sich Märchen von Privatisierung, Deregulierung und „der Markt richtet es schon“ als Lügenmärchen.

Jetzt muss es um mehr gehen als „vom System enttäuscht sein“. Wir haben nicht gewonnen, wenn ein paar mehr Menschen vom Kapitalismus enttäuscht sind. Wir haben gewonnen, wenn wir als KommunistInnen ein greifbares Bild einer solidarischen Wirtschaftsordnung malen können. Wir haben gewonnen, wenn sich die Menschen an Linke erinnern als Menschen der Taten statt der Worte – Menschen, die praktische Solidarität organisiert haben in schweren Zeiten, nicht vereinnahmend und instrumentalisierend, sondern authentisch und echt. Wir haben gewonnen, wenn die Klasse der Lohnabhängigen gegenüber den Angriffen von Staat und Kapital zusammenrückt anstatt sich spalten zu lassen. Wir haben gewonnen, wenn wir die autoritäre Formierung zurückdrängen und den Staat als Klassenstaat entlarven wenn die Krisenlasten verteilt werden. Der Ausgang der Corona-Krise ist ungewiss, ebenfalls wie tiefgreifend die Rezession wird. Klar ist, dass die Corona-Krise eine neue Etappe im Klassenkampf einläutet die Frage ist nur welchen Ausgang sie haben wird. Leisten wir unseren Beitrag eine lebenswerte Zukunft zu erkämpfen.